Günter Wojaczek (* 10. Juni 1932 in Kattowitz; † 9. November 1997 in Pödeldorf bei Bamberg) war ein deutscher Altphilologe, Fachdidaktiker der Alten Sprachen sowie Gymnasiallehrer.

Günter Wojaczek besuchte zusammen mit dem späteren Altphilologen Joachim Latacz bis Januar 1945 das Städtische Gymnasium zu Kattowitz. Im Zuge der Flucht über Westoberschlesien, Österreich und Hessen war er dann von Ostern 1946 an kurzzeitig Schüler der nachkriegsbedingt provisorisch eingerichteten Neukirchener Abteilung der Staatlichen Wilhelmschule in Kassel (Realgymnasium), ehe er im März 1947 mit seiner Familie nach Bamberg kam. Hier besuchte er das Neue Gymnasium, wo der Altphilologe und Goetheforscher Gottfried Diener zu seinen Lehrern zählte, und er 1952 das Abitur ablegte. Im Anschluss studierte er unterstützt durch ein Stipendium des Freistaates Bayern für besonders Begabte[1] bis 1957 an der Universität Erlangen Klassische Philologie, Germanistik, Byzantinistik, Archäologie (zeitweise ausschließlich) und Geschichte.

Nach dem Referendariat am Gymnasium Fridericianum in Erlangen, Friedrich-Alexander-Gymnasium in Neustadt an der Aisch und am Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium in Münnerstadt unterrichtete er anfänglich an der Schule Birklehof in Hinterzarten, bevor er 1960 als Lehrer des Gymnasiums Nordhorn in den Dienst des Landes Niedersachsen eintrat.

An der Universität Köln reichte er 1968 bei Reinhold Merkelbach, Hellfried Dahlmann und Berthold Rubin seine Dissertation zum Thema Daphnis. Untersuchungen zur griechischen Bukolik ein, die als opus valde laudabile benotet wurde (Veröffentlichung im Jahr 1969).

1970 kehrte er an seine frühere Schule nach Bamberg zurück. Hier war er Fachbetreuer für Alte Sprachen und Kollegstufenbetreuer, ehe er im Dezember 1993 als Studiendirektor pensioniert wurde.

Im Frühjahr 1994 organisierte er in der Bamberger Konzert- und Kongresshalle den alle zwei Jahre stattfindenden Bundeskongress des Deutschen Altphilologenverbandes.[2]

Für seine wissenschaftlichen und fachdidaktischen Leistungen wurde Günter Wojaczek am 10. April 1995 vom damaligen bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair zum Honorarprofessor für Klassische Philologie, insbesondere Didaktik der Alten Sprachen, an der Universität Bamberg ernannt.[3] Seine Antrittsvorlesung trug den Titel Die Syrinx des Paris Simichidas. Anmerkungen zur Überlieferung eines antiken Figurengedichtes.[4]

Die Grabrede auf Wojaczeks Beerdigung hielt sein Freund und Kollege, der Ehrenvorsitzende des Deutschen Altphilologenverbandes Friedrich Maier.

Fachwissenschaftlich tat sich Günter Wojaczek hauptsächlich auf dem Gebiet der antiken Hirtendichtung hervor. Das Gebiet der bukolischen Figurengedichte, die unter anderem von Theokrit von Syrakus, der als deren Begründer gilt, Dosiadas von Kreta und Simias von Rhodos verfasst wurden, untersuchte bis zur Veröffentlichung Wojaczeks Dissertation im Wesentlichen nur Carl Haeberlin mit Carmina figurata Graeca (1886).[5] Bei der Unklarheit der Philologen darüber, ob die figuralen Gedichte echte Aufschriften auf Gegenstände oder unverwirklichte Buchepigramme seien, kam Wojaczek hier zu dem Ergebnis, dass es sich angesichts deren religiöser Bedeutung um Weiheepigramme handeln muss. Somit erarbeitete Wojaczek als Vertreter der „Merkelbach-Schule“ die grundlegende Kommentierung der bukolischen Technopägnien; erst nach dieser Veröffentlichung wuchs das wissenschaftliche Interesse an dem Gebiet der antiken bukolischen Figurendichtung.

Seine These des religiösen Ursprungs der antiken figuralen Poesie untermauerte er in weiteren fachwissenschaftlichen Forschungen, Vorträgen (bei der jährlichen Ferientagung für Altphilologen in Marktoberdorf) wie Aufsätzen; so kam er an anderer Stelle zu der Auffassung, dass Theokrit, der dem Dichterbund von Kos angehörte, seine Verse zunächst auf eine Rohrpfeife (Syrinx) geschrieben und diese dann dem Hirtengott Pan geweiht habe. Internationale Rezeption erfuhr neben seinen Veröffentlichungen auch sein Vortrag über „Die griechischen Technopägnien. Zur Genesis und Struktur einer literarischen Form“, den er 1987 bei dem von Jeremy Adler und Ulrich Ernst organisierten internationalen Kongress „Visuelle Poesie im historischen Wandel – Changing Forms of Visual Poetry“ in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel hielt. Dieses Symposium wurde durch die Ausstellung „Text und Figur. Visuelle Poesie aus drei Jahrtausenden“ begleitet. Sein wissenschaftliches Interessensgebiet umfasste neben der antiken Figuralpoesie und ihrer Rezeption auch religionssoziologische Fragen, Mysterienkulte und Rituale in der Literatur der Antike, insbesondere dem antiken Roman, bei Cicero und Kaiser Julian.

Einen Namen machte sich der Gymnasiallehrer zusätzlich durch eine breite fachdidaktische Tätigkeit. Wojaczek entwarf erstmals für das Fach Archäologie einen in Bayern verwendeten Lehrplan, den er als Vortrag bei einem Colloquium der Mommsen-Gesellschaft und des Deutschen Altphilologenverbandes über Archäologie in der Lehrerausbildung 1981 in Mainz und als Veröffentlichung 1985 in der fachwissenschaftlichen Zeitschrift Gymnasium präsentierte. Darüber hinaus war er Autor und Mitherausgeber zahlreicher lateinischer Unterrichtswerke für Gymnasien (Instrumentum, Roma).[6] Das Lehrbuch Studium Latinum, das er zusammen mit Gebhard Kurz (Mainz) als Mitautor und didaktischer Berater verfasste, war das erste Unterrichtswerk für universitäre Lateinkurse.[7] Im Auftrag des bayerischen Kultusministeriums hielt er auch fachdidaktische Fortbildungen für Lehrer der Alten Sprachen in Hof zum Thema der in den 1970er Jahren an den bayerischen Gymnasien eingeführten sog. curricularen Lehrpläne, an deren Entwicklung er in den Fächern Latein und Griechisch beteiligt war. Zudem war er Referent an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen und bis zu seiner Berufung als Honorarprofessor auch Lehrbeauftragter an der Universität Bamberg für Didaktik der lateinischen Sprache und Literatur.

Auch fachpolitisch engagierte sich Günter Wojaczek. Ab 1972 fungierte er als Vorsitzender der Altphilologischen Fachgruppe und des Deutschen Altphilologenverbandes in Oberfranken. In dieser Funktion veranstaltete er bis zuletzt alljährlich eine eintägige fachwissenschaftliche und fachdidaktische Fortbildung für Altphilologen in Bamberg. Von 1978 bis 1983 war er zudem Landesvorsitzender des Bayerischen Altphilologenverbandes. Zusammen mit Friedrich Maier war er von 1978 an Herausgeber und Schriftleiter von Die Alten Sprachen im Unterricht (DASiU); hier veröffentlichte er eine große Zahl von Artikeln und Rezensionen.[8]

Daneben hielt er im Bereich der Erwachsenenbildung als langjähriger Dozent der Volkshochschule Bamberg Vorträge über antike Kultur- und Geistesgeschichte, griechische und römische Archäologie, griechische Mythologie und Literaturgeschichte sowie über Philosophie der Antike. In diesem Rahmen organisierte er auch Exkursionen und Studienfahrten nach Griechenland und Italien (Etrurien, Rom, Pompeji, Paestum).

Sonstiges Engagement[Bearbeiten]

Bevor im Jahr 1978 seine Heimatgemeinde Pödeldorf nach Litzendorf eingegliedert wurde, engagierte Wojaczek sich dort auch als Gemeinderatsmitglied (CSU).

Während seines Studiums ist Günter Wojaczek im Jahr 1952 der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Fredericia zu Bamberg im CV beigetreten. Zudem war er Mitglied der Görres-Gesellschaft.

Günter Wojaczek entstammt einer oberschlesischen Bergarbeiterfamilie, war verheiratet und Vater von drei Söhnen.