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Viel haben macht nicht reich.  Der ist ein reicher Mann, der alles was er hat, ohne Leid verlieren kann.

         Bedeutende Schlesier

Wer immer fröhlich ist auf Erden wird 99 Jahre werden und wer durchs Leben geht mit Schwung der ist mit 100 Jahr'n noch jung.

      

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 Konrad Joachim    

                                      * 01.06.1903 in Breslau,

                                                † 15.04.1979 in Bonn.

    Theologe.   

  Band XXV (2005) Spalten 715-719 Autor: Christian-Erdmann Schott

KONRAD, Joachim; ev. Theologe, * 1.6. 1903 in Breslau, † 15.4. 1979 in Bonn. - Joachim Konrad war das fünfte und zugleich letzte Kind von Lic. theol. Paul Konrad (1860-1924). Der Vater, Pfarrer an der St. Elisabeth-, später an der St. Trinitatiskirche zu Breslau, ist auch als schlesischer Kirchenhistoriker hervorgetreten. Die häusliche Erziehung war streng.

 Nach dem Abitur am humanistischen König-Wilhelm-Gymnasium zu Breslau (1922) begann Konrad ein neunsemestriges Theologiestudium in Breslau - Göttingen - Marburg - Berlin, das er mit den beiden Examen 1927 und 1929 abschloß. 1929 wurde er in Göttingen bei Georg Wobbermin (1869-1943), Ordinarius für Systematische Theologie, mit der Arbeit "Religion und Kunst" zum Lic. theol. promoviert. Am 30. Dezember 1929 folgte die Ordination durch Generalsuperintendent D. Martin Schian (1869-1944) in der Maria-Magdalena-Kirche zu Breslau, der Ordinationskirche für die Schlesier; 1930, ebenfalls in Breslau, die Promotion zum Dr. phil.. Ab 1930 war Konrad Pfarrer in Michelau, Kreis Brieg in Niederschlesien.

1931 heiratete er Gisela Altmann, Tochter des Pfarrers Otto Altmann. Von Michelau aus hat er sich in Breslau habilitiert. Ab 1933 ist er Privatdozent mit Lehrauftrag für Religionsphilosophie und Systematische Theologie an der evangelisch-theologischen Fakultät in Breslau. 1935 haben ihm die Nationalsozialisten die Venia legendi entzogen. Dabei spielte seine aktive Zugehörigkeit zur Bekennenden Kirche (BK) wie die Tendenz seiner Lehrtätigkeit die entscheidende Rolle. - 1937 erschien sein Buch "Kirchenkrise und Zukunftsreligion" mit dem Untertitel "Kritische Anmerkungen". Diese "Anmerkungen" waren in Wahrheit scharfe Polemiken gegen die religiöse Überhöhung von Blut, Boden, Volk, Rasse, gegen die Propagierung eines arteigenen Glaubens bei gleichzeitiger Verachtung des biblischen Christentums und seiner alttestamentlichen Wurzeln durch die Nationalsozialisten. Namentlich setzte sich Konrad mit Alfred Rosenberg (1893-1946) und seinem 1930 erschienenen Buch "Der Mythos des 20. Jahrhunderts", mit Jakob Wilhelm Hauer (1881-1962) und Paul de Lagarde (1827-1891) auseinander und kommt zu der abschließenden These, daß es zwischen diesen "Glaubensbewegungen" und der christlichen Kirche keine Gemeinsamkeit, keine Synthese geben kann, sondern nur eine klare Scheidung und Entscheidung zwischen Christentum und Antichristentum. Für Konrad ist der Kirchenkampf unausweichlich. - Ein Jahr nach Erscheinen dieses Buches, im März 1938, wurde Konrad aus Schlesien ausgewiesen und mit Reichsredeverbot belegt. In der Nachfolge von Professor Hans-Joachim Iwand (1899-1960) leitete er 1938/39 das illegale Predigerseminar der BK in Darkehnen/Ostpreußen, bis er 1939 wieder nach Schlesien zurückkehren und ab Sommer 1940 eine Pfarrstelle an der St. Elisabethkirche in Breslau übernehmen konnte.

Seit 1936 gehörte er zur "Naumburger Synode", die aus der Spaltung der schlesischen BK hervorgegangen war. Sie lehnte die Zusammenarbeit mit dem vom Staat eingesetzten Provinzial-Kirchenausschuß, aber auch mit dem Konsistorium der Kirchenprovinz ab und führte eigene Examen, Vikarsausbildungen und Ordinationen durch. Während der letzten Kriegsjahre hielt Joachim Konrad in Breslau öffentliche Vorträge, die stark besucht waren und zum Teil wiederholt werden mußten. In ihnen stimmte er die Bevölkerung auf die bevorstehende Katastrophe, die er als Gottesgericht deutete, ein. Am 4. Mai 1945 suchte er zusammen mit Pfarrer Ernst Hornig (1894-1976) von St. Barbara-Breslau und den Katholiken Weihbischof Ferche und Kanonikus Kramer auch auf die Gefahr, als Defätist erschossen zu werden, General Niehoff auf, um ihn zur Übergabe der von der Roten Armee eingeschlossenen Festung Breslau zu bewegen.

Am 6. Mai 1945 kapitulierte Niehoff. Konrad wurde zum Stadtdekan gewählt. Als die deutsche Bevölkerung aus Breslau ausgewiesen wurde, hielt er am 30. Juni 1946 in der Elisabethkirche seine viel beachtete letzte Predigt. Auch Konrad wurde ausgewiesen, nachdem seine Familie schon im Februar 1945 Breslau verlassen mußte. - Zum 1. Dezember 1946 erhielt Joachim Konrad eine a. o. Professur für Praktische und Systematische Theologie in Münster, 1950 die Ernennung zum Ministerialrat im Kultusministerium von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, 1951 den Ehrendoktor der Theologischen Fakultät München, 1954 die o. Professur für Praktische Theologie in Bonn. - Die leidvollen Erfahrungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre fanden ihren Niederschlag in dem autobiographischen Bericht "Als letzter Stadtdekan von Breslau" (1963) und in den theologisch-philosophischen Untersuchungen "Schicksal und Gott", die noch in Breslau begonnen wurden und 1947 in Gütersloh erscheinen konnten - mit dem zentralen Satz "Unser Schicksal sucht Gott, und Gott sucht uns in unserem Schicksal" (Einleitung). Sie haben aber auch zu einem intensiven Einsatz als Prediger und volksmissionarischer Schriftsteller geführt. Konrad wollte den durch die ungeheuren Ereignisse von Flucht, Vertreibung, nationalem Zusammenbruch, aber auch durch Kommunismus und Nihilismus innerlich und äußerlich bedrohten Menschen die Botschaft des Evangeliums als Einladung zu einem Neuanfang mit Gott nahe bringen. Geleitet von einem deutlich ausgeprägten Endzeitbewußtsein sah er seine Zeit als Stunde der Entscheidung. - In Bonn gehörten Helmut Gollwitzer, Hans-Joachim Iwand und Walter Kreck zu seinen Kollegen. Trotz gemeinsamer Herkunft aus der BK kam es gerade mit ihnen zu Spannungen, weil Konrad - von 1957 bis 1973 zugleich ehrenamtlich Vorsitzender der "Gemeinschaft evangelischer Schlesier (Hilfskomitee) e.V. " - die Not der Flüchtlinge und Vertriebenen aus dem Osten als seelsorgerliche und nicht vornehmlich dogmatisch-politische Herausforderung angesehen hat. Im Jahr 1971 wurde er emeritiert. Acht Jahre später ist er, besonders bei den evangelischen Schlesiern hoch verehrt, in Bonn gestorben. - Im Gedenken an Joachim Konrad ist zunächst sein Wirken in Breslau am Ende des Zweiten Weltkrieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit hervorzuheben. Mit den von hoher seelsorgerlicher Verantwortung getragenen öffentlichen Vorträgen, seiner Hilfe für verfolgte Juden, der Intervention beim Festungskommandanten setzte er in der Endphase des "Dritten Reiches" sein Leben mehrfach aufs Spiel. Seine Predigt vom 30. Juni 1946 bedeutet eine Zäsur. Mit ihr verabschiedete sich die deutsche evangelische Bevölkerung aus Schlesien. Für die Ausziehenden war sie zugleich eine geistliche Zurüstung für den Aufbruch in eine ungewisse Zukunft. Auch in den neuen Verhältnissen im Westen Deutschlands ist Konrad nahe an den Menschen geblieben. Er predigte und schrieb in der Hoffnung auf einen geistlichen Neuanfang der deutschen Bevölkerung aus der Tiefe des christlichen Glaubens. Im Unterschied zu seinen Universitätskollegen aus der Schule Karl Barths hat er auf die Not der Menschen vor allem praktisch-seelsorgerlich zu antworten gesucht. Der kirchlichen Vertriebenenarbeit unter den Schlesiern hat er ein unverwechselbares, allerdings bis heute in Theologie und Kirche noch nicht wirklich gewürdigtes Profil gegeben.

 
 

Quelle; " Wikipedia,2010 "