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Es gibt nicht allzu viele Musiker, die
ein so vielfältiges musikalisches Tätigkeitsfeld bearbeitet haben wie
Ernst August Voelkel.
Am 18.
7.1886 wurde Voelkel zu Neurode in der Grafschaft Glatz geboren. Beide
Elternteile, Arnold Voelkel – er besaß eine Kornbrennerei – und Anna
Wagner, waren musikalisch tätig, vor allem bei kirchenmusikalischen
Aufführungen. Musikunterricht erhielt E. A. Voelkel beim Kantor der
kath. Kirchengemeinde Heinrich Wolff.
Mit 8 Jahren bekam er
Klavierunterricht; Orgel spielte er so gut, daß er vom 12. bis 14.
Lebensjahr den Organisten vertreten durfte. Er lernte auch Geige, Viola,
Klarinette und Flöte zu spielen. Nach dem Besuch der Volks- und
Realschule in Neurode ging er mit 15 Jahren nach Breslau, wo er von
1900-1906 die Schirdewan'sche Präparandie und das Lehrerseminar
besuchte. Nach der Prüfung trat er nicht in den Schuldienst ein, sondern
studierte bis 1908 am Schlesischen Konservatorium Klavier, Orgel und
Komposition. Danach trat er ins Berufsleben als Musiker ein. In drei
Funktionen war er, meist gleichzeitig, tätig: als Musikpädagoge,
ausübender Musiker und Komponist. 1908—1911 wirkte er als Kapellmeister
am Schauspielhaus in Breslau, am Opernhaus Bremen und am Kurtheater in
Meran.
Von 1912
bis zu dessen Auflösung lehrte er Klavier, Komposition und Theorie am
Schlesischen Konservatorium in Breslau, ausgenommen die Jahre 1915 bis
1918, die er an der Front verbrachte. Anschließend wurde er als Lehrer
an die neugegründete Landesmusikschule übernommen. Von 1927-1936 gehörte
er auch dem Lehrkörper der evangelischen Kirchenmusikschule und des
Breslauer Tonkünstlerseminars an, leitete als Direktor das Städtische
Konservatorium in Waldenburg und wirkte als Dozent am
Musikwissenschaftlichen Seminar
der Universität Breslau.
In den
schwierigen Jahren nach dem 1. Weltkrieg reichte der Verdienst für eine
Familie kaum aus - 1915 hatte er geheiratet – und so spielte er abends
Tanzmusik in bekannten Breslauer Lokalen, wo er auch Solisten des
Opernhauses begleitete. Im Breslauer Konzertleben spielte Voelkel eine
wichtige Rolle. Er leitete von 1924-1928 die Breslauer Triovereinigung,
der außer ihm Curt Hosemann (Cello) und Dr. Alfred Laserstein (Violine)
angehörten, durch dessen Tod sich das Trio auflöste. Auch das
Schlesische Vokalquartett betreute Voelkel künstlerisch von 1922-1944.
Daneben leitete er den Männerchor Breslau und wirkte als Gaudirigent des
Arbeitersängerbundes in Schlesien.
Vom
Gründungsjahr 1924 an war Voelkel freier Mitarbeiter am Breslauer
Rundfunk, als Komponist, Pianist und Dirigent. Er war einer der „Pionier“-komponisten,
die auf das neue Medium Rundfunk zugeschnittene Musikformen entwickelten
wie die Funksuite und die Hörspielmusik. Von seinen ca. 60
Hörspielmusiken ist beinahe alles verloren. Das Werkverzeichnis des
Komponisten umfaßt 165 Titel. Nur wenige der vor 1945 entstandenen Werke
blieben erhalten. Schwerpunkte seines Schaffens in Schlesien sind neben
den schon genannten Arbeiten für den Rundfunk Lieder, Kantaten und
Chormusik sowie Klavier- und Kammermusik. Eine persönliche Besonderheit
sind seine 8 Melodramen. Nach 1945 bildet Instrumentalmusik im
polyphonen Stil den einen Schwerpunkt seines Schaffens, das Lied in
jeder Form den anderen: Volksliedbearbeitungen und Lieder auf Texte
schlesischer Dichter für Solobesetzungen oder Chor. Ehe Vertreibung
bedeutete für Voelkel eine Entwurzelung, beruflich konnte er in Berlin
nicht mehr Fuß fassen. In Schlesien war er ein anerkannter Interpret und
Komponist, dessen Werke im Rundfunk und Konzertsaal aufgeführt wurden.
Als bedeutender Theorie- und Kompositonslehrer war er anerkannt, für die
neuen Strömungen in der Musik stets aufgeschlossen, von seinen Schülern
geschätzt und mit seinen Freunden und Kollegen Hermann Buchal und
Gerhard Strecke um die Förderung der neuen Musik bemüht. Nun bekam er
als Sechzigjähriger keine Anstellung mehr, erhielt eine bescheidene
Rente, die er durch Notenkopierarbeiten aufbessern mußte, um leben zu
können. Seine Werke wurden kaum aufgeführt, da er in Berlin unbekannt
war. Umso bewundernswerter ist es, daß Voelkel in dieser Lage nicht
resignierte, sondern unermüdlich weiter komponierte bis zu seinem Tod am
9. März I960.
Lit.:
Gabriele Klüß, geb. Voelkel: Leben und Werk von E. A. Voelkel,
Manuskript zu „Zeitgenössische schlesische Komponisten“ Bd. 4, Laumann
Verlag, Dülmen; Joachim Hermann: Der schlesische Musikant Ernst August
Voelkel, in: Vierteljahresschrift „Schlesien“ Jg. 1956 Heft 4; Heinrich
Simbriger: Werkkatalog zeitgenössischer Komponisten aus den deutschen
Ostgebieten, dazu Ergänzungsbände, Hrsg. Die Künstlergilde e.V.
Esslingen.
Liudgera Speer |
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