Heinrich Kindler, (* 29. November 1909 in Breslau; † 23. Februar 1985 in Dresden) war ein deutscher Ingenieur und Professor, gehört zu den Pionieren der Regelungs- und Steuerungstechnik und ist Mitbegründer der Ausbildung von Diplom-Ingenieuren für Regelungstechnik in Deutschland.

Von 1915 bis 1928 besuchte er in Breslau ein Realgymnasium. Nach dem Abitur hat er Physik, Mathematik und Chemie in Breslau und Münster studiert. 1934 legte er die Lehramtsprüfung ab und wurde mit einer Dissertation „Über das ultrarote Absorptionsspektrum einiger Sulfate und Glimmer und der Temperaturabhängigkeit ihrer Schwingungen“ bei Clemens Schaefer an der Universität Breslau zum Dr. phil. promoviert.

Nach zwei Jahren Forschungstätigkeit an der Universität Breslau und am Heinrich-Hertz-Institut der TH Berlin-Charlottenburg fand er schließlich feste Industrie-Anstellungen als Physiker, zunächst bei der Firma Telefunken (Juli 1936 bis Dezember 1937) und anschließend bei der Firma Askania-Kreiselgeräte in Berlin-Marienfelde bis zum Mai 1945. Seine Patentanmeldungen aus dieser Zeit belegen, dass er sich auch sehr intensiv mit Fragestellungen der Regelung beschäftigt hat. Die damaligen Arbeiten bezogen sich auf Kreiselgeräte, Folgeregler und elektromechanische Rechengeräte zur Flugkörpersteuerung.

Zu dieser Zeit hatte Hermann Schmidt an der TH Berlin-Charlottenburg in seinen Lehrveranstaltungen auch Probleme der Regelungstechnik behandelt. Außer ihm bot damals noch Adolf Leonhard in Stuttgart ebenfalls Lehrveranstaltungen zur Regelungstechnik speziell für das Gebiet Elektrotechnik an. Bereits 1941 hatte Schmidt eine Denkschrift zur Gründung eines Institutes für Regelungstechnik beim Verein Deutscher Ingenieure (VDI) vorgelegt. Dieses Institut sollte in Berlin entstehen und eine Leitfunktion auf dem neuen Fachgebiet für ganz Deutschland übernehmen.

1944 wurde dann auf Grund dieser Anregung der weltweit erste Lehrstuhl für Regelungstechnik an der TH Berlin-Charlottenburg, Fakultät für Maschinenwesen errichtet, auf den Hermann Schmidt berufen wurde, aber die vorgeschlagene Institutsgründung erfolgte damals noch nicht. Schmidt setzte nach dem Kriege die Tätigkeit auf seinem Lehrstuhl von 1954 bis kurz vor seinem Tode im Jahre 1968 fort, die ausstehende Institutsgründung wurde jedoch bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1960 nicht nachgeholt.

Kindler arbeitete damals ab August 1945 als promovierter Physiker auf seinem bisherigen Spezialgebiet Kreiselgeräte und Folgeregler zwangsverpflichtet für die sowjetische Besatzungsmacht: bis zum Oktober 1946 in einem Institut der Roten Armee in Berlin, danach bis Februar 1953 in Leningrad / Sowjetunion (heute wieder St. Petersburg). Nach seiner Rückkehr aus der Sowjetunion trat er im Mai 1953 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in das Institut für Strahlungsquellen der Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW) in Ost-Berlin ein (Direktor: Robert Rompe).

Nach dem Kriege musste zu Beginn der 1950er Jahre in beiden Teilen Deutschlands auch auf dem Fachgebiet Regelungstechnik neu begonnen werden. Verschiedene ältere Professoren an den Fakultäten für Maschinenwesen und für Elektrotechnik behandelten fachobjektbezogen auch regelungstechnische Problemstellungen mit, während sich Nachwuchswissenschaftler – wie auch Schmidt und Kindler – für die Regelungstechnik als eigenständige und fachübergreifende Disziplin begeisterten.

Im Januar 1954 hielt Kindler auf der regelungstechnischen Tagung der Physikalischen Gesellschaft der DDR einen Vortrag mit dem Thema „Einige Grundbegriffe der Regelung“. In dieser, seiner wohl ersten regelungstechnischen Veröffentlichung, zeigte er umfassende Literaturkenntnisse: nicht nur die Grundlagen-DIN 19226, für die Hermann Schmidt bereits 1941 mit einem VDI-Fachausschuss die Vorarbeiten erbracht hatte, und das deutsche Pionierwerk von Oldenbourg und Sartorius aus dem Jahre 1944, das erstmals eine geschlossene Darstellung der Regelungstheorie umfasste, wurden zitiert, sondern auch die beiden 1953 erschienenen einführenden deutschen Lehrbücher von Winfried Oppelt und Otto Schäfer sowie ausländische Quellen. Mit diesem Vortrag machte Kindler also als Fachmann für Regelungstechnik auch im Wissenschaftsbereich auf sich aufmerksam, und danach lenkte er seine berufliche Entwicklung dauerhaft in diese Richtung.