Max Wiener (* 22. April 1882 in Oppeln, Oberschlesien; † 30. Juni 1950 in New York) war ein deutscher Rabbiner, Philosoph und Theologe. Er galt neben Leo Baeck als der bedeutendste Vertreter des liberalen Judentums in Deutschland.

Wiener war eines von vier Kindern von Isidor und Amalie Wiener. Er wuchs in einem traditionell-jüdisch geprägten, aber auch der deutschen Bildung verpflichteten Elternhaus auf.

Seine Heimatstadt Oppeln hat eine bis ins Mittelalter zurückreichende jüdische Geschichte. Die neuzeitliche Gemeinde entwickelte sich zu einem Vorposten des liberalen Judentums in Oberschlesien.

Mit Leo Baeck (1873–1956), der herausragenden Figur des deutschen liberalen Judentums, traf Wiener bereits 1897 zum ersten Mal zusammen, als dieser Gemeinderabbiner in Oppeln wurde und Wiener sein Schüler im Religionsunterricht des dortigen Gymnasiums. Es entstand zwischen den beiden eine freundschaftliche und später auch kollegiale Verbindung, die bis zu Wieners Emigration nach den USA 1939 anhalten sollte.

Nach seinem Abitur studierte Wiener ab 1902 am konservativen Breslauer Rabbinerseminar, dem Jüdisch-Theologischen Seminar Fraenkelscher Stiftung, und der liberal geprägten Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. Gleichzeitig belegte er Philosophie und Psychologie an den jeweiligen Universitäten.

Wiener promovierte 1906 an der Breslauer Universität über „J. G. Fichtes Lehre vom Wesen und Inhalt der Geschichte“. 1907 erfolgte seine Ordination zum Rabbiner.

Auf Fürsprache Leo Baecks wurde Wiener 1908 dessen Assistent in Düsseldorf. Wiener war dort vor allem für den Religionsunterricht zuständig.

Am 19. April 1912 erhielt Max Wiener in der liberal geprägten Gemeinde Stettin seine erste volle Rabbinatsstelle. 1916 gründete Wiener dort ein Gemeindeblatt, vor allem, um auch Gemeindemitglieder zu erreichen, die seine Gottesdienste nicht besuchten.

Ab Juli 1917 war Max Wiener als Frontrabbiner im Ersten Weltkrieg tätig. Er verfasste an der Front regelmäßig Berichte an seine Gemeinde, die im Gemeindeblatt abgedruckt wurden. Nach dem Krieg kehrte er zunächst wieder nach Stettin zurück, widmete sich weiterhin seinen Gemeindeverpflichtungen und intensivierte in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre seine wissenschaftlichen Studien.

An Schawuot 1926 wurde Wiener in sein neues Amt als Berliner Gemeinderabbiner eingeführt. Auch diese Stelle hatte er der Fürsprache Leo Baecks zu verdanken. In seiner Berliner Position engagierte sich Wiener wiederum vor allem in der Bildungsarbeit: Er leitete die Erwachsenenbildung der Berliner Gemeinden und organisierte Vortragsreihen. Außerdem nahm er in den späten zwanziger Jahren eine Berufung zum „Studentenseelsorger” an der Universität Berlin an. Wiener wurde damit der erste (und vor dem Krieg einzige) deutsche Studentenrabbiner.

Eine Bewerbung auf den Hermann Cohen-Lehrstuhl für Jüdische Philosophie an der Berliner „Lehranstalt” 1912 war noch erfolglos geblieben, nicht zuletzt durch ein Gutachten Cohens, in dem dieser ihm „eine bedenkliche philosophische Unreife” attestierte. Doch im Sommersemester 1924 konnte er, als Vertretung für den Philosophen Julius Guttmann, zum ersten Mal dort als Hochschuldozent tätig werden.

Im Wintersemesters 1928/29 lehrte er in Vertretung des Bibelprofessors Harry Torczyner (später Naftali Herz Tur-Sinai) und im darauf folgenden Wintersemester wiederum in Philosophie in Vertretung für Julius Guttmann.

In den folgenden Jahren arbeitete Wiener an seiner Habilitationsschrift Die jüdische Religion im Zeitalter der Emanzipation, mit der er eine Professur für Philosophie an der Universität Berlin zu erlangen hoffte. Diese schien Wieners Aspirationen auch durchaus positiv gegenüberzustehen. Die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten und mit ihr die Ausschließung jüdischer Dozenten von den Universitäten machten jedoch alle Hoffnungen und Pläne in dieser Richtung zunichte.

Wiederum war es die Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, die Wiener rief und ihm doch noch eine Anstellung als ordentlicher Dozent ermöglichte. Nach der Emigration Julius Guttmanns nach Palästina im Jahr 1935 wurde Wiener zu dessen Nachfolger ernannt und hatte dort ab dem Wintersemester 1935/36 den Lehrstuhl im Fachbereich „Jüdische Religionsphilosophie und Ethik” bis zu seiner eigenen Emigration 1939 inne.

Das weitere Leben Wieners steht sehr im Schatten seiner Emigration nach den USA und der damit verbundenen kulturellen Unterschiede, die er nie völlig überwinden konnte.

Aufgrund einer Einladung des Direktors des Hebrew Union College in Cincinnati, Julian Morgenstern, gelang Wiener die Ausreise aus Deutschland wenige Tage vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Er erreichte New York am 5. September 1939. Allerdings zerschlug sich schnell Wieners Hoffnung, am Hebrew Union College als ordentliches Mitglied des Lehrkörpers in seinen Fachgebieten Bibel oder Philosophie angestellt werden zu können. Stattdessen wurde ihm lediglich angeboten, Präparandenkurse in Mischna und Talmud abzuhalten, und auch als 1940 der dortige Philosophieprofessor, Zwi Diesendruck, starb, wurde Wiener dessen Position nicht angeboten.

1941 vermittelte ihm das College eine Rabbinerstelle in Fairmont, einer Kleinstadt in West Virginia. Wiener war mit seiner neuen Gemeinde sehr unzufrieden, sie erschien ihm „unkultiviert” und „ungebildet”.

Erst 1943 fand Wiener einen Platz, an dem er gebraucht wurde. Hugo Hahn vermittelte ihm in seiner Gemeinde „Habonim” in New York eine Stelle als Special Rabbi und Verantwortlicher für die Bildungsarbeit. Es handelte sich um eine deutsche liberale Flüchtlingsgemeinde, bei der er Vorträge, Kurse und an den hohen Feiertagen auch Gottesdienste hielt.

Max Wiener starb in New York am 30. Juni 1950 im Alter von 68 Jahren.