Peter Moraw (* 31. August 1935 in Mährisch Ostrau, Tschechoslowakei; † 8. April 2013 in Kleinlinden) war ein deutscher Historiker.

Peter Moraw wurde als Sohn eines Lehrers geboren. Durch den Krieg musste er aus seiner mährischen Heimat fliehen und fand mit seinen Eltern in Heidelberg Zuflucht. Dort legte er 1955 das Abitur ab. Er studierte von 1955 bis 1960 die Fächer Geschichte, Deutsch und Latein an der Universität Heidelberg. 1960 erfolgte das Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. Ein Jahr später promovierte er bei Fritz Ernst mit der Arbeit Das Stift St. Philipp zu Zell in der Pfalz. Ein Beitrag zur mittelalterlichen Kirchengeschichte. 1971 erfolgte an der Universität Heidelberg die Habilitation in Mittlerer und Neuerer Geschichte. Die Habilitationsschrift König, Reich und Territorium im späten Mittelalter blieb ungedruckt. Seine zuvor veröffentlichten Aufsätze über die Räte König Ruprechts von der Pfalz wurden wegweisend.

Noch 1971 übernahm Moraw eine Vertretungsprofessur in Mittelalterlicher Geschichte an der Technischen Hochschule Darmstadt. 1972 war er Professor für Allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Historischen Hilfswissenschaften an der Universität Bielefeld. Seit Sommersemester 1973 lehrte Moraw als Nachfolger von František Graus als Professor Mittelalterliche Geschichte, Deutsche Landesgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Berufungen nach Düsseldorf, Trier (1976) und Tübingen (1981) lehnte er ab. Von 1979 bis 1980 und wieder von 1997 bis 1998 war er Dekan des Fachbereichs für Geschichtswissenschaften. 1980 bis 1981 und erneut 1998 bis 1999 übte er das Amt des Prodekans aus. Im Sommersemester 2003 wurde er in Gießen emeritiert. Zu Moraws bedeutendsten Schülern zählen u.a. Paul-Joachim Heinig, Rainer Christoph Schwinges und Sabine Wefers.

Seine Forschungsschwerpunkte waren die Verfassungsgeschichte des deutschen Spätmittelalters, die Sozialgeschichte des Mittelalters, die Deutsche Landesgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit sowie die Universitäts- und Bildungsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Zu diesen Themenfeldern veröffentlichte er neun selbständige Publikationen und mehr als 200 Aufsätze, Handbuchartikel und Lexikonbeiträge. Seine „Kleine Geschichte der Universität Gießen (1607–1982)“, die erstmals 1982 und in zweiter Auflage 1990 veröffentlicht wurde, ist bis heute die einzige Gesamtdarstellung der Universitätsgeschichte Gießens. Dafür wurde ihm 1983 der Preis der Justus-Liebig-Universität für Arbeiten zur Geschichte der Universität Gießen verliehen. Seit 1974 gehörte er zu den Mitherausgebern der damals neu entstandenen „Zeitschrift für Historische Forschung“. Seit 1987 war Moraw als Mitherausgeber und Fachberater am „Lexikon des Mittelalters“ beteiligt. Moraw beschrieb 1989 in seiner Gesamtdarstellung der deutschen Geschichte des 13. bis 15. Jahrhunderts in der Reihe „Propyläen Geschichte Deutschlands“ die Entwicklung des Reichs ab 1470 als „Verdichtung“.[2] Seine Forschungsbeiträge zum Spätmittelalter brachten ein erheblich besseres Verständnis dieser lange vernachlässigten Epoche.

Moraw wurde Mitglied zahlreicher einflussreicher wissenschaftlicher Organisationen. Er war u.a. korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, korrespondierendes Mitglied der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Mitglied der Hessischen Historischen Kommission und Mitglied sowie Vorsitzender im Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste berief ihn 1980 zum ordentlichen Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse. 1998 wurde er mit der Ehrenmedaille der Universität Prag geehrt. 1999 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Eichstätt verliehen.