Arno Lustiger (* 7. Mai 1924 in Będzin; † 15. Mai 2012 in Frankfurt am Main[1]) war ein deutscher Historiker polnischer Herkunft. Lustiger hat wesentliche Beiträge zur Erforschung und Aufarbeitung der Geschichte des jüdischen Widerstands zur Zeit des Nationalsozialismus geleistet.

Lustiger wurde 1924 als Kind polnischer Juden in Będzin (deutsch: Bendzin) geboren, wo er auch seine Kindheit verbrachte. Sein Vater David Lustiger war Stadtrat und Besitzer eines Betriebs, in dem Maschinen für die Brotherstellung gefertigt wurden. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde das väterliche Unternehmen „arisiert“. David Lustiger blieb allerdings zunächst als Angestellter weiter beschäftigt.

Anfang 1943 wurde die jüdische Bevölkerung Będzins im Ghetto Będzin interniert, die Familie Lustiger verbarg sich in einem Kellerversteck. Im August 1943 wurde das Ghetto geräumt und seine Bewohner ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Einige Tage später ging die Familie ins Zwangsarbeiterlager Annaberg in Schlesien, um wenigstens zusammenzubleiben. Dort wurde die Familie jedoch auseinandergerissen, Lustiger kam in das Konzentrationslager Ottmuth und dann in das KZ Blechhammer, ein Außenlager von Auschwitz. Ab dem 21. Januar 1945 wurde Lustiger wegen der anrückenden sowjetischen Truppen im eiskalten Winter von der SS zu einem Todesmarsch zum KZ Groß-Rosen in Niederschlesien gezwungen, den nur 2000 von 4000 Häftlingen überlebten. Dann wurde er zum Konzentrationslager Buchenwald transportiert und von dort ins KZ Langenstein-Zwieberge bei Halberstadt. Die Lebenserwartung der Häftlinge betrug dort laut Lustiger in der Regel drei bis vier Wochen.

Im April 1945 floh Lustiger bei einem weiteren Todesmarsch, als auch dieses Konzentrationslager angesichts der anrückenden amerikanischen Truppen geräumt wurde. Dabei fiel Lustiger Angehörigen des Volkssturms in die Hände, konnte jedoch abermals entkommen und wurde von amerikanischen Soldaten gefunden und zu einem uniformierten und bewaffneten Dolmetscher der US Army gemacht.

Sein Vater David Lustiger wurde für kurze Zeit ins KZ Blechhammer verbracht und dann im KZ Auschwitz-Birkenau getötet. Er blieb nach dem Krieg in Deutschland. Seine Schwester hatte das KZ Bergen-Belsen überlebt, aber durfte nicht in die USA einreisen, weil sie Tuberkulose hatte. Nach Israel konnte er wegen des heißen Wetters und seiner Gesundheit nicht.[2]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lebte Arno Lustiger in Frankfurt am Main. Als Textilfabrikant baute er dort ein erfolgreiches Unternehmen für Damenmoden auf. Lustiger forschte und schrieb zu Themen der deutsch-jüdischen Geschichte, zum Spanischen Bürgerkrieg, zum jüdischen Widerstand sowie zur stalinistischen Judenverfolgung. Er war Mitbegründer der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main und Vorstandsmitglied der Budge-Stiftung. Er war vom Sommersemester 2004 bis zum Sommersemester 2006 Gastprofessor am Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main.[3]

Am 27. Januar 2005 sprach Arno Lustiger zusammen mit Wolf Biermann vor dem Deutschen Bundestag. Unter anderem wies er auf die fehlende historische Aufarbeitung der Todesmärsche von KZ-Häftlingen hin, denen mehrere hunderttausend Häftlinge auf den Straßen des Deutschen Reichs zum Opfer gefallen waren.[4]

Arno Lustiger appellierte am 17. Januar 2006 durch einen von ihm verfassten Aufruf[5] an Freunde und Bekannte, die für den 20. Januar 2006 in der Frankfurter Heilig-Geist-Kirche geplante Vorstellung des Buches Ich will nicht mehr schweigen. Über Recht und Gerechtigkeit in Palästina von Rupert Neudeck zu verhindern. Dieser Aufruf hatte Erfolg, weil die evangelische Kirche den dafür vorgesehenen Saal nicht mehr zur Verfügung stellen wollte. Lustiger bezeichnete die für die Veranstaltung vorgesehenen Redner als „eigentümliche Gestalten“ und hielt sie offensichtlich für Feinde Israels.

Am 10. September 2006 erschien ein Essay von ihm, leicht gekürzt, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Es trägt den Titel Dichtung und Wahrheit? Nein, Schummelei! Es handelt sich um Anmerkungen zum jüngsten Buch von Günter Grass. Lustiger übt darin Kritik an Günter Grass, ohne ihn jedoch zu verdammen.[6]

Lustiger wurde Vater zweier Töchter, der Malerin Rina Lustiger und der Schriftstellerin Gila Lustiger. Jean-Marie Kardinal Lustiger, der am 5. August 2007 verstorbene Erzbischof von Paris, war sein Cousin.