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Viel haben macht nicht reich.  Der ist ein reicher Mann, der alles was er hat, ohne Leid verlieren kann.

      Bedeutende Schlesier

Wer immer fröhlich ist auf Erden wird 99 Jahre werden und wer durchs Leben geht mit Schwung der ist mit 100 Jahr'n noch jung.

      

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Scholz  Franz

* 10.12.1909 in Breslau,

1.9.1998 in Groß-Umstadt.

 Katholischer Theologe.

   
  Scholz  Franz * 10.12.1909 in Breslau† 1.9.1998 in Groß-Umstadt. Katholischer Theologe.

Franz Scholz wurde am 10. Dezember 1909 als zweites Kind eines kaufmännischen Direktors geboren, hatte zehn Geschwister und wuchs in einer bewusst katholischen Familie Breslaus auf. Nach den üblichen vier Volksschuljahren besuchte er eine Realschule und trat dann in die Quarta des in Schlesien sehr bekannten und geschätzten St. Matthias-Gymnasiums ein, war also von einer katholischen Schule jeweils zu einer anderen gegangen. Nach dem Ostern 1929 an dieser Pflanzstätte vieler schlesischer Priester abgelegten Abitur studierte auch er katholische Theologie, von 1929-1933, fast ausschließlich in seiner Heimatstadt. Ein Semester verbrachte er an der Universität zu Freiburg im Breisgau, in der Stadt an der Dreisam, wo sich damals die Zentrale des Deutschen Caritasverbandes befand und auch heute noch befindet und Scholz sich auch dem Studium der Caritaswissenschaft widmete. Neben seinem Breslauer Studium nahm er „vor Ort“, in Krakau und Lublin, an polnischen Sprachkursen teil und wurde Zweisprachler (Utraquist), was für seinen Berufsweg von großer Bedeutung war.

Am 28. Januar 1934 erhielt Franz Scholz von Adolf Kardinal Bertram, dem Erzbischof von Breslau, die Priesterweihe, zusammen u.a. mit dem Oberschlesier Emil Brzoska, der später im Westen Theologie-Professor und Konsistorialdekan beim Apostolischen Visitator Breslau wurde. Danach wirkte Scholz als Kaplan an der Breslauer Kreuzkirche und als Seelsorger der in Breslau lebenden Polen und der polnischen Saisonarbeiter in Preußisch-Schlesien. Die 1937 erfolgte Anstellung als Repetitor am Theologenkonvikt der Bischofsstadt ermöglichte ihm die Anfertigung einer katholisch-theologischen Dissertation über einen Franziskaner aus dem 12./13. Jahrhundert, entstanden unter der Ägide des Dogmatik lehrenden Bernhard Poschmann, eines Ermländers, und 1940 zur Promotion führend. In dieser Zeit arbeitete Scholz auch als Taubstummenseelsorger für den Bezirk Breslau. Im Frühjahr 1940 verließ der 30-Jährige seine Heimatstadt und kehrte in die Gemeindeseelsorge zurück: als Kuratialpfarrer in Görlitz, wo er auch die priesterliche Betreuung von dort befindlichen Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern aus Polen, Frankreich und Belgien (Stammlager) übernahm, was freilich nur sehr begrenzt möglich war – unter der religionsfeindlichen nationalsozialistischen Herrschaft. Nach dem Einmarsch der sowjetrussischen Truppen und der Zweiteilung von Görlitz konnte Scholz in seiner im Ostteil der Stadt gelegenen Pfarrei bleiben, der nun polnischer Verwaltung unterstellt wurde und den Namen Zgorzelec erhielt, weil er die polnische Sprache beherrschte und seine Arbeit in der Seelsorge für die Polen in Vergangenheit und Gegenwart Anerkennung fand. Seine Bemühungen um nationale Verständigung hatten in seinen Augen aber zu geringe Erfolge, und die Art der polnischen Soldatenmessen mit dem Absingen der Nationalhymne verletzte sein Empfinden, das persönliche und das religiöse.

Scholz sollte sich für den dialektischen Materialismus erklären, bei polnischen Siegesfeierlichkeiten mitwirken, bekam die polnische Staatsbürgerschaft angeboten. Er lehnte jedoch den Missbrauch der Religion für einen politisch orientierten Messianismus ab und wollte Deutscher bleiben. „In unauslotbarer innerer und äußerer Not ... gehöre ich zu diesem, meinem Volke …“ Am 16. Mai 1946 verließ er auf abenteuerliche, gefährliche Weise über die Lausitzer Neisse das besetzte Schlesien. Es ist sehr erfreulich, dass 30 Jahre später sein Görlitzer Tagebuch veröffentlicht wurde, das Auskunft über die Zeit vom 10. Februar 1945 bis zum 1. Juni 1946 gibt.

Franz Scholz musste wie Millionen vor dem Kriegsschicksal geflüchteter und von den neuen Machthabern vertriebener Deutscher in Restdeutschland neu anfangen, und tat das als Flüchtlingsseelsorger und Leiter der Caritas für den zur Erzdiözese Breslau und der sowjetischen Besatzungszone gehörenden Bezirk Görlitz/ Cottbus, bis er Ende 1949 in die amerikanische Besatzungszone überwechselte und an der für Ostvertriebene frisch gegründeten Philosophisch-Theologischen Hochschule in Königstein/ Taunus die Dozentur für Moraltheologie übernahm. Neben der Lehrtätigkeit bereitete er sich auf seine Habilitation bei Theodor Müncker vor, der einige Jahre als Moraltheologe an der Universität Breslau gewirkt hatte und dann nach Freiburg im Breisgau gegangen war. Aufgrund seiner der Freiburger Kath.-Theol. Fakultät eingereichten Habilitationsschrift über Benedikt Stattler, einen bayerischen Jesuiten des 18. Jahrhunderts, erfolgte 1955 die Habilitation. Ein Jahr später wurde Scholz zum Professor für Moraltheologie, Ethik und Christliche Gesellschaftslehre an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Fulda ernannt und bekam auch Lehraufträge an den Universitäten Marburg an der Lahn und Frankfurt am Main, wo er den Titel Honorarprofessor erhielt.

Im beschaulichen Fulda, das bis heute auf das engste mit dem Namen des hl. Bonifatius, des Apostels Deutschlands, verbunden ist und zusammen mit seinem Umland eine der wenigen katholischen Enklaven in Hessen bildet, lebte, lehrte und forschte Scholz in den folgenden anderthalb Jahrzehnten. Es waren in wissenschaftlicher und schriftstellerischer Hinsicht recht erfolgreiche Jahre, wie seine vielen Veröffentlichungen zeigen, die um die von ihm an der Hochschule vertretenen Fächer kreisen und auch um das alte Erzbistum Breslau und die verlassene schlesische Heimat, an der er sehr hing, ebenso wie sein Weihejahrgangsgefährte Professor Brzoska. So schrieb er für die 2. Auflage des angesehenen Lexikons für Theologie und Kirche außer anderen Texten auch den Artikel „Heimat“ und für den ersten Band des hohen Lobes würdigen Schlesischen Priesterjahrbuches, an dem er bis zu dessen Einstellung im Jahre 1969 fast immer mitarbeitete, den Aufsatz Gedanken zum Recht auf Heimat. Sehr engagiert und gründlich befasste sich Scholz mit dem einst viel gelesenen, exkommunizierten und dann rekonziliierten schlesischen Dichtertheologen Joseph Wittig († 1949), auf den er bereits als junger Mann lektüremäßig und tief ergriffen aufmerksam geworden war.

„Die Krönung seiner wissenschaftlich-pädagogischen Bemühungen war der Ruf an die Universität Augsburg. Hier übernahm Scholz im März 1972 den Lehrstuhl für Moraltheologie im Katholisch-Theologischen Fachbereich. In Augsburg rückte Scholz die Frage ‚Norm und Gewissen‘ in den Vordergrund, der er schon vorher mehrere Artikel gewidmet hatte.“ (Piegsa). Seine einschlägige Antrittsvorlesung wurde ins Polnische übersetzt, und er unterhielt Kontakte zu polnischen Fachkollegen der Katholischen Universität in Lublin und der Akademie für Katholische Theologie in Warschau. Bei seiner Berufung nach Augsburg zählte Scholz bereits 62 Jahre, und so erfolgte 1976 die Emeritierung, die ihm mehr Zeit gab für die 1975 begonnene Tätigkeit als Pfarradministrator in Klein-Zimmern, Kreis Darmstadt-Dieburg; der Gelehrte hatte „über“ der Wissenschaft nicht das Priestersein aus dem Herzen und dem Sinnen verloren.

Im Jahre 1985 legte Scholz sein seelsorgerisches Amt nieder und arbeitete nun noch mehr über östliche Themen: über Schlesisches, Gesamtdeutsches und die deutsch-polnischen Beziehungen. So konnte er 1995 das in dreieinhalb Jahren entstandene Buch Kollektivschuld und Vertreibung. Kritische Bemerkungen eines Zeitgenossen vorlegen – ein fast 300 Seiten umfassendes historisch-politisches, völkerrechtliches und ethisches Werk, das streng durchgegliedert ist und hohe Anerkennung und Lektüreempfehlung verdient. Er hat es der Blutzeugin Edith Stein gewidmet, schreibt in der Einleitung „Dieses Buch hat den Mut, Recht Recht und Wahrheit Wahrheit sein zu lassen, auch wenn es nicht dem Trend der Zeit entspricht“ und meint zur (primitiv-archaischen) These von der Kollektivschuld des deutschen Volkes, sie scheine „nicht aus dem Rechtsdenken, sondern dem Rache- und Vernichtungsdenken zu stammen“.

Eine sehr große Anzahl Veröffentlichungen künden von dem Schaffenseifer des Professors schlesischer Prägung, der ein Helfer der Menschen sein wollte und sich um die Versöhnung mit Polen redlich bemühte; um eine echte Versöhnung, basierend auf Wahrheit und Gerechtigkeit und nicht auf billigem devotem Vertuschen. Konsequenterweise wandte er sich dagegen, den beim Amtsausscheiden der deutschen Hierarchie in den Oder-Neiße-Gebieten betrügerisch vorgehenden polnischen Primas Augustyn Kardinal Hlond selig zu sprechen.

Auszeichnungen für Franz Scholz: Ehrendomkapitular in Fulda 1962; Päpstlicher Ehrenkaplan 1966; Schlesierschild der Landsmannschaft Schlesien 1989; Ehrenbürger der Stadt Görlitz 1991; Päpstlicher Ehrenprälat 1995.

Am 1. September 1998 starb der Priester und Gelehrte im Alter von 88 Jahren in Groß-Umstadt. Als der Sterbende gefragt worden war: „Hast du noch einen besonderen Wunsch, für den wir jetzt beten sollten?“ hatte er geantwortet: „Ja, für mein deutsches Vaterland.“ Die Beisetzung erfolgte in Dieburg. In Vertretung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zelebrierte der Mainzer Weihbischof Wolfgang Rolly das Pontifikalamt.

Werke (Auswahl): Die Lehre von der Einsetzung der Sakramente nach Alexander von Hales, Breslau 1940 (Breslauer kath.-theol. Diss.). – Benedikt Stattler und die Grundlage seiner Sittlichkeitslehre unter besonderer Berücksichtigung der Doktrin von der philosophischen Sünde, Freiburg/ Breisgau 1957 (Freiburger kath.-theol. Habilitationsschr. 1955) (Freiburger Theol. Studien 70). – Die Diözese Fulda im Lichte der kirchlichen Soziographie, Fulda 1962. – Schuld, Sünde, Fehlhaltung, Augsburg 1971; 2. Aufl. 1973. – Das Licht in Dir (Lk 11, 35). Erwägungen zur Gewissensbildung und zu christlicher Reife, Meitingen-Freising 1975. – Görlitzer Tagebuch 1945/46, Würzburg 1975; 2. Aufl. unter dem Titel: Wächter, wie tief ist die Nacht? Görlitzer Tagebuch 1945/46, Eltville 1984; 4. Aufl., 1990; zuletzt Lüdenscheid 2005. – Wege, Umwege und Auswege der Moraltheologie, München 1976. – Zwischen Staatsräson und Evangelium. Kardinal Hlond und die Tragödie der ostdeutschen Diözesen, Frankfurt a. M. 1988; 3. Aufl., 1989. – Kollektivschuld und Vertreibung. Kritische Bemerkungen eines Zeitzeugen, Frankfurt a. M. 1995. – Das Hlondheft. Empfiehlt sich Kardinal Augustyn Hlond, Primas von Polen († 1948), als Kandidat einer Seligsprechung? Lüdenscheid 1996; 2. Aufl. 1997.

Lit.: Joachim Köhler, Leidenschaft für Gott und Welt und für die Menschen. Zugänge zu der Theologie von Prof. Dr. Franz Scholz. Aus Anlass seines 50jährigen Priesterjubiläums am 28. Januar 1984, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 42, 1984, S. 253-265. – Joachim Piegsa, Prof. Dr. Franz Scholz als Moraltheologe, ebd., S. 267-270. – Johannes Gröger, Schlesische Priester auf deutschen Universitätslehrstühlen seit 1945, Sigmaringen 1989 (Arbeiten zur schlesischen Kirchengeschichte 3), S. 58-60: Scholz, Franz Josef Johannes (mit Bibliographie). – „Wächter, wie tief ist die Nacht?“ Zum Tode von Prälat Prof. Dr. Franz Scholz, in: Heimatbrief der Katholiken aus dem Erzbistum Breslau 25, 1998, S. 74-75. – Joachim Piegsa, (Nachruf) Franz Scholz, in: Oberschlesisches Jahrbuch 14/15, 1998/1999, S. 327-332. – Christof Dahm, Michael Hirschfeld, Joachim Piegsa (Hrsg.), In Memoriam Franz Scholz. Ringen um die versöhnende Wahrheit, Bonn 1999; 2. Aufl. 2000. – Joachim Köhler, In memoriam Franz Scholz 1909-1998, in: Arch. f. schles. Kirchengesch. 58, 2000, S. 343-352. – Scholz, Franz, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 20, 2002, Sp. 1297-1303 (Michael Hirschfeld). – Joachim Piegsa, Franz Scholz (1909-1998), in: Schlesische Kirche in Lebensbildern, Bd. 7, hrsg. von Michael Hirschfeld, Johannes Gröger u. Werner Marschall, Münster 2006, S. 310-313 (mit Bibliogr.). – Scholz, Franz Josef, in: Neue Deutsche Biographie 23, 2007, S. 456-457 (Christof Dahm). – Bibliographie Franz Scholz, zusammengestellt von Joachim Piegsa u. Joachim Köhler, in: Arch. f. schles. Kirchengesch. 42, 1984, S. 271-284.

Bild: Archiv der Kulturstiftung.

Hans-Ludwig Abmeier

 

Quelle; " Ostdeutsche Biographie "