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Viel haben macht nicht reich.  Der ist ein reicher Mann, der alles was er hat, ohne Leid verlieren kann.

         Bedeutende Schlesier

Wer immer fröhlich ist auf Erden wird 99 Jahre werden und wer durchs Leben geht mit Schwung der ist mit 100 Jahr'n noch jung.

      

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Ehrenfried Walther von Tschirnhaus    

* 10. 04. 1651 in Kieslingswalde bei Görlitz;

† 11. 10.  1708 in Dresden.

Naturforscher. 

   
 

Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (auch Tschirnhauß, fälschlich Tschirnhausen; * 10. April 1651 in Kieslingswalde bei Görlitz; † 11. Oktober 1708 in Dresden) war ein deutscher Naturforscher (Alchemist, Didaktiker, Mathematiker, Mineraloge, Philosoph, Physiker, Techniker, Vulkanologe) zu Beginn des Zeitalters der Aufklärung.

Die Schriften, der Briefwechsel und die physischen Objekte geben uns Aufschluss über die Arbeit und die Wahrnehmung seiner Person durch die Gelehrtenrepublik des 17. und 18. Jahrhunderts in Europa. Sein Denken basierte auf dem Cartesianismus. Seine Werke werden der Frühaufklärung zugerechnet. In der Anwendung und Vervollkommnung der Algebra als Methode der ars inveniendi sah Tschirnhaus eine universelle Methode zur wissenschaftlichen Erkenntnis. Bemerkenswert und umstritten sind die Schlüsse, die er unter Anwendung der propagierten Erkenntnismethode erzielte.

Die Ergebnisse seiner Forschung beförderten die Entwicklung labortechnischer Untersuchungsmethoden, die Materialforschung, das Gießerei- und Hüttenwesen und den optischen Gerätebau. Seine technologischen Innovationen befruchteten die weitere Entwicklung der sächsischen Manufaktur. [1]

Graf Ehrenfried Walther von Tschirnhaus wurde als siebtes Kind, drei Jahre nach der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges in der Markgrafschaft Oberlausitz geboren. Seine Mutter war Elisabeth Eleonore Freiin Achil von Stirling, sein Vater der kurfürstlich-sächsischen Rat Christoph von Tschirnhaus. Nach dem Tod der Mutter 1657 wurde er von der Stiefmutter großgezogen.

Die unter den Kriegsfolgen leidende Region, gehörte trotz der Verluste von etwa zwei Drittel der Einwohner zu den Regionen mit der höchsten Bevölkerungsdichte in Kursachsen. [2] Tschirnhaus wuchs in der von zahlreichen protestantischen Glaubensflüchtlingen aus Böhmen und Mähren geprägten Oberlausitz auf. 1623 war diese vom Kaiser Ferdinand II. an den verbündeten protestantischen Johann Georg I. verpfändet und war 1635 an Kursachsen angegliedert worden.

Tschirnhaus erhielt durch Hauslehrer eine mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildung. Er besuchte die Schule von Nathanael Heer in Lauban und das Gymnasium der Stadt Görlitz. Die Geschichte der Stadt Görlitz, die dem Oberlausitzer Sechsstädtebund angehörte, war beeinflusst von der Kultur der utraquistischen Stände Böhmens. Offenbar beschäftigte sich Tschirnhaus bereits als Schüler mit den Arbeiten von Johann Heinrich Alsted, Johann Amos Comenius und kannte wahrscheinlich auch die Jakob Böhmes. Die Werke reformierter Theologen, die das Systemdenken des Barock vertraten, waren dem jungen Tschirnhaus ebenso bekannt wie die des Jesuiten Athanasius Kircher.

Am 8. Juni 1669 schrieb sich Tschirnhaus an der Universität Leiden zum Studium der Rechtswissenschaften ein. Das Hauptinteresse galt jedoch der Mathematik, der Philosophie und der Physik. Er hörte beim Philosophen Arnold Geulincx und beim Mediziner de la Boe (Sylvius), der Harveys Lehre vom Blutkreislauf lehrte. Bei Pieter van Schooten nahm er privat Mathematik Stunden und wurde in die Lehren von René Descartes eingeführt, dessen begeisterter Anhänger Tschirnhaus sein Leben lang bleiben sollte.

Neben dem Studium muss die dicht besiedelte und ’vorindustriell’ entwickelte Kulturlandschaft Südhollands einen nachhaltigen Eindruck auf Tschirnhaus hinterlassen haben. Das zwischen Amsterdam und Delft im Dreieck von Frankreich, England und Holland gelegene Leiden wurde von den Ideen des französischen Calvinismus beeinflusst. Die nach 1661 durch die verstärkte Missionierung und Verfolgung aus Frankreich geflohenen Hugenotten galten im Allgemeinen als hervorragend ausgebildete Handwerker und Kaufleute. Sie bestärkten die bereits vorhandenen frühkapitalistischen Tendenzen in Holland weiter und beförderten durch ihre Spiritualität und die kommerzielle Tüchtigkeit eine calvinistisch-pietistische Arbeits- und Wirtschaftsethik, die Max Weber als den ’Geist des Kapitalismus’ bezeichnete. Es ist anzunehmen, dass Tschirnhaus diese Entwicklung und die Parallelen zu den Böhmischen und Mährischen Brüdern in seiner Heimat mit Interesse verfolgt hat.

Ab 1672 nahm Tschirnhaus wie viele seiner Studienkameraden unter dem Kommando von Baron von Nieuwland für 1½ Jahre an der Seite des späteren englischen Königs Wilhelm III. von Oranien-Nassau gegen den von Frankreich vorbereiteten und von England unterstützten Holländischen Krieg teil, der Invasion Hollands durch Ludwig XIV.. Er nahm aber an keinen Kampfhandlungen teil. 1674 beendete er sein Studium und kehrte kurz nach Kieslingswalde zurück.

1674–1676 Forschung in Holland, England und Frankreich [Bearbeiten]

Nach Rückkehr in die Niederlande knüpfte Tschirnhaus an die während des Studiums geschlossenen Kontakte zu dem in Den Haag lebenden Baruch de Spinoza an. 1675 reiste er für drei Monate nach London. Die Empfehlung Spinozas stellte den Kontakt zum Sekretär der Royal Society Henry Oldenbourg her. Dieser wiederum vermittelte dem selbstsicher auftretenden Tschirnhaus Kontakte zu Robert Boyle und John Wallis, Denis Papin und Christopher Wren. John Collins beschrieb Tschirnhaus später James Gregory, der wie Isaac Newton am Bau von Spiegelteleskopen arbeitete, als […] the most knowing algebraist in Europe. [3] John Pell lehnte es sogar ab, sich mit Tschirnhaus über mathematische Fragen zu unterhalten, damit er nicht in den Verdacht komme, von ihm abgeschrieben zu haben.[4]

Oldenbourg war es auch, der Tschirnhaus nach Paris empfahl. Hier traf er auf Gottfried Wilhelm Leibniz und Christiaan Huygens, der wie Tschirnhaus in Leiden studiert hatte. Huygens war seit 1660 Mitglied der Royal Society. Wie Newton arbeitete er am Bau optischer Instrumente und forschte zu Fragen der Beugung, Brechung und Reflexion des Lichts, die später zum Bestandteil seiner Elementarwellentheorie wurden. Von Jean-Baptiste Colbert vorgeschlagen, war Huygens seit 1666 durch Ludwig XIV. zum Direktor der Académie des sciences de l'Institut de France ernannt. Tschirnhaus, der auf Empfehlung Huygens zeitweise als Hauslehrer des Sekretärs der Akademie Colbert arbeitete, kam ebenfalls in Kontakt zu Antoine Arnauld, Nicolas Malebranche und Edme Mariotte. Er unterrichtete Colberts Söhne, wobei er sich der lateinischen Sprache bediente, da er damals kaum Französisch sprach.

An der Seite des von Johann Philipp von Schönborn nach Paris entsandten Leibniz arbeitete Tschirnhaus an Problemen der Geometrie und der Zahlentheorie. Offenbar war Tschirnhaus jedoch nicht gewillt, sich der von Leibniz entwickelten Infinitesimalrechnung anzuschließen. Tschirnhaus favorisierte eine anschauliche Methodik zur Behandlung geometrisch-algebraischer Sachverhalte. Diese aus Tradition des Cartesianismus herrührende Auffassung, als dessen Vollender sich Tschirnhaus verstand, enttäuschte die Erwartungen von Leibniz, die er an das mathematische Talent geknüpft hatte. Leibniz sah sich sogar gezwungen, früher als erwünscht seine Auffassung der Infinitesimalrechnung in den Acta Eruditorum zu veröffentlichen, nachdem Tschirnhaus fehlerhafte Verallgemeinerungen von dem publizierte, was ihm Leibniz schon 1676 in Paris mitgeteilt hatte.

In den folgenden Jahren unterliefen Tschirnhaus Fehler, die seine mathematischen Arbeiten diskreditierten. Seine publizistischen Manipulationen diese zu kaschieren, schädigten sein Verhältnis zu Leibniz und Vertretern der Infinitesimalrechnung wie Johann und Jakob Bernoulli. Hinzu kam, dass er auf die Ratschläge anderer Mathematiker kaum hörte und in Gesprächen mitgeteilte Ergebnisse teilweise später als seine eigenen ausgab.

1676–1679 Studienreise nach Italien [Bearbeiten]

Neben Holland, England und Frankreich bereiste Tschirnhaus im Gefolge des schlesischen Grafen Nimptsch, die Staaten im Norden Italiens, das Neapel, Sizilien und Malta sowie die Kantone der Alten Eidgenossenschaft. Die Ziele der Forschungsreise, die Tschirnhaus von November 1676 an in die wissenschaftlichen Zentren Südeuropas führte, prägten seine späteren Forschungsarbeiten.

Von Paris aus, wo er erstmals an Schmelzversuchen, die mit Brennspiegeln durchgeführt wurden teilnahm, reiste Tschirnhaus zum Konstrukteur dieser Instrumente, François Villette nach Lyon. Dort sah Tschirnhaus weitere Arbeiten und Experimente von Villette.

Über Turin führte schließlich seine Reise nach Mailand zu Manfredo Settala und dessen Sammlung von Instrumenten, zu der ein Brennspiegel von 119 cm Durchmesser gehörte.

Von Venedig aus, in dem bereits 1516 kleinere Linsen aus Glas hergestellt worden waren, reiste er nach Bologna und weiter nach Rom. 1677 traf Tschirnhaus hier Giovanni Alfonso Borelli, den Tschirnhaus zu Schleiftechniken befragte. Borelli war ein Schüler Michelangelo Ricci und Freund von Evangelista Torricelli und Kircher. Dieser hatte sechs Jahre zuvor in den Ars magna lucis et umbrae über antike Brennspiegel publiziert. Seine Arbeit Mundus subterraneus zur Vulkanologie stand unmittelbar vor dem Abschluss. Er war auch Gründer des Museum Kircherianum, der bedeutenden barocken Wunderkammer, die zu Lehrzwecken dem Collegium Romanum diente. Kircher, der gute Beziehungen in das Reich der Mitte besaß, standen aufgrund der Tätigkeit von Matteo Ricci und dessen Nachfolger umfangreiche Zeugnisse aus der Vergangenheit Chinas bis in die Ming-Dynastie hinein offen.

Im April 1677 erreichte Tschirnhaus Neapel. Nach Studien am Vesuv setzte er die Reise über Palermo fort, um am Ätna und auf den Liparischen Inseln am Stromboli Untersuchungen zur Vulkanologie und dem vulkanischen Gestein Obsidian zu betreiben.

Über Malta, Mailand und Genf traf Tschirnhaus 1679 wieder in Paris ein. Hier erhielt Tschirnhaus Einblick in die abgeschlossene Arbeit von Huygens zur Wellenoptik, die als Huygenssches Prinzip bekannt wurde. Er erlebte außerdem die Wirkungsweise eines weiteren größeren Brennspiegels Villettes. Auch trat er mit Malebranche in Kontakt. Über Hannover, wo er Leibniz traf, erreichte er im Oktober 1679 Kieslingswalde.

Ab 1679 arbeitete Tschirnhaus zusammen mit dem Mechaniker Johann Hoffmann am Bau von Brennspiegeln. Tschirnhaus vereinfachte die Herstellung der bislang aus Metalllegierungen gegossenen Spiegel. Durch das Treiben vorgefertigter Bleche aus erzgebirgischen Kupferhämmern gelang die preiswerte Fertigung von Spiegelapparaten. Die Kupferkalotten waren leicht und im Anschluss gut polierbar. Im Reflexionsvermögen optimiert wurden die konkaven Hohlspiegel in kreisrund umlaufende Holzzargen eingelegt. Über einen Dreifuß aufgestellt, waren sie gut justierbar.

Ihr Ziel war es, mit den Gewinnen aus dem Verkauf der Instrumente zukünftige Forschungen und die Gründung einer naturwissenschaftlich-technischen Akademie in Kieslingswalde zu finanzieren. Dazu sollten auch zwischen 1681 und 1682 durchgeführte Reisen nach Paris helfen. Auf Empfehlung von Jean-Baptiste Colbert wurde Tschirnhaus am 22. Juli 1682 als académicien géomètre in die Académie des sciences aufgenommen. Den ersten Teil der 1686 veröffentlichten „Medicina mentis“ widmete er Ludwig XIV. Er erhoffte sich so, vom König eine Pension als Mitglied der Akademie zu erhalten. Beide Hoffnungen erfüllten sich nicht.

Neben Spinoza, Huygens und Oldenburg pflegte Tschirnhaus eine umfangreiche Korrespondenz zu Wegbereitern der Frühaufklärung wie Friedrich Hoffmann, Adam Rechenberg und Otto Mencke.

Tschirnhaus heiratete 1682 Elisabeth Eleonoren von Lest. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Mit dem Tod des Vaters übernahm Tschirnhaus 1684 die Verwaltung des Gutsbesitzes, die er jedoch fast ganz seiner Frau überließ, während er sich wissenschaftlichen Arbeiten widmete. Die Ernennung zum Kanzler der neu zu gründenden Universität der Stadt Halle (Saale), die 1680 an das Kurfürstentum Brandenburg gefallen war, schlug Tschirnhaus ebenso aus wie die Mitwirkung am Aufbau von Manufakturen des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel.

1687 fanden die Arbeiten an Spiegelapparaten einen Abschluss. Die Zahl der in Kieslingswalde gefertigten Brennspiegel ist nicht bekannt. Das mit deren Fertigung verbundene Ziel, wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erlangen, erfüllte sich nicht. Die Instrumente fanden Verwendung in optischen, akustischen, medizinischen und materialtechnischen Experimenten. Darüber fanden sie als ästhetische und repräsentative Sammelobjekte Eingang in die Kunstkammer europäischer Fürstenhöfe. Die Arbeit an den Sonnenöfen ging über einen bloßen Nachbau und die Verbesserung der bestehenden Technik hinaus. Seine Brennspiegel und -gläser waren wesentlich für die folgenden Untersuchungen zur Porzellanherstellung, da er mit ihnen mit verhältnismäßig wenig Aufwand die erforderlichen hohen Temperaturen von 1400 °C erreichen konnte.

 
 

Quelle; " Wikipedia,2010 "