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Torka, Johannes.
Johannes Torka war seit den 70er Jahren bis 2000 Pfarrer in Lobberich.
Den Hinsbeckern ist er aus seiner Zeit als Kaplan dort noch in guter
Erinnerung. 2002 - 2003 war er als Subsidiar in beiden Gemeinden tätig.
Johannes Torka hat seinen Schwerpunkt jetzt auf freiwilliger Basis im
Marienheim Hinsbec
"Als
Christ suche ich Wege der Versöhnung"
Pfarrer Johannes Torka wurde als Jugendlicher aus seiner niederschlesischen
Heimat vertrieben. 60 Jahre danach erzählt er von seiner Kindheit..
Leutherheide. "Was wir damals durchlebt haben, das lässt einen nicht mehr
los." Pfarrer Johannes Torka teilt sein Schicksal mit Tausenden von
Deutschen, die während und nach dem 2. Weltkrieg aus ihrer Heimat vertrieben
wurden. Bei "Liegnitzer Bomben" und "schlesischem Mohnkuchen" erinnert er
sich an seine Kindheit. Als fünftes von sieben Geschwistern kam er 1932 im
niederschlesischen Frankenstein zur Welt. Sein Vater Paul hatte 1914 als
junger Soldat ein Bein verloren.
Seinen Beruf als Angestellter der Reichsbahn konnte er weiter ausüben er
verdiente gut und wurde während des Krieges unentbehrlich für die Abwicklung
des Güterverkehrs. Als ehemaliger Zentrum- Abgeordneter wollte er mit der
nationalsozialistischen Regierung nichts zu tun haben. Trotzdem fiel ein
Sohn im Krieg.
"Diese Jahre waren für uns alle hart", erzählt Johannes Torka. Noch bevor
die Russen einmarschierten, floh ein Teil der Bevölkerung.
"Flüchtlingstrecks aus dem Kreis Strehlen zogen auf verschneiten Straßen bei
bitterer Kälte durch die Stadt in Richtung Grafschaft Glatz. Tiefflieger
nahmen die Flüchtlinge unter Beschuss", erinnert sich der heute 73-Jährige.
Unzählige Leichen säumten die Straßenränder. Der 13 Jahre alte Johannes,
seine beiden jüngeren Geschwister und die Eltern mussten bleiben der Vater
hatte seine Pflicht zu erfüllen. "Am Morgen des 8. Mai war die Stimmung
angespannt. Vater ging nicht zum Dienst, beim Kaufmann war Ausverkauf."
Mit den Nachbarn saß man beim spärlichen Mittagsmahl als es plötzlich hieß:
Die Russen kommen. "Wir stürmten alle in den Keller. Oben hörte man
vereinzelt Schüsse, dann standen die ersten in unserem Hof." Tags darauf
quartierte sich ein russischer Offizier ein.
Im Kloster lagerten sie Munition, das Nachbarhaus wurde Wachlokal. "Die
Russen, später die Polen, verschleppten viele junge Frauen. Jungs mussten
zum Arbeitsdienst, aber ich war ihnen zu jung", ist Torka dankbar, dass er
bei seiner Familie bleiben konnte. Doch die Not war groß. Nachts stahl er
Kartoffeln von den Feldern, las Getreidekörner auf.
Im Juni 1945 wurde Frankenstein unter polnische Verwaltung gestellt. "Die
wussten damals wohl auch nicht, wie es weitergehen soll", ist Torka
überzeugt. So habe sein Vater noch im November einen Arbeitsausweis
erhalten, der zweisprachig verfasst war. Anfang Dezember kamen die
polnischen Familien.
"Innerhalb von zehn Minuten hatte uns die Miliz vor die Tür gesetzt",
schildert Torka die dramatischen Erlebnisse. "Von da an flohen wir von einer
Unterkunft zur nächsten Vater durfte ja nicht gehen."
Erst im April 1946 sollte die Familie aufbrechen. "Mutter nähte uns Kindern
Rucksäcke aus Handtüchern für die wenigen Habseligkeiten, die wir mitnehmen
durften. Dann wurden jeweils 40 Personen in einen Viehwaggon gepfercht und
abtransportiert."
Vater Paul, der immer noch nicht ausreisen durfte, stieg nachts heimlich zu.
"Fünf Tage dauerte es. Wir wussten nicht, wohin es geht, hatten Angst, dass
wir nach Sibirien kommen. Es gab kein Wasser, nichts zu essen." Über
Marienthal ging es nach Aurich. Im ostfriesischen Collinghorst endete die
Flucht.
"Die Vertriebenen wurden nicht freundlich aufgenommen. Wir waren
Eindringlinge und die Menschen kämpften nach dem Krieg selbst ums
Überleben." Doch "Zeichen der Menschlichkeit" habe es auch in dieser
schweren Zeit gegeben. 1948 wurde der Vater wieder in den Dienst der Bahn
gestellt und als Oberinspektor nach Oldenburg versetzt. Später baute er in
Köln ein Haus und wurde im Rheinland sesshaft.
Johannes Torka war bereits im September 1946 in ein Pallottiner- Internat
bei Bonn gekommen. Noch vor Ausbruch des 2. Weltkrieges hatte er sich für
einen geistlichen Beruf entschieden. "Damals bekam ich ein Paket von meinem
Patenonkel. Der war Missionar in Australien", erzählt der 73-Jährige
schmunzelnd.
Drin waren Muscheln, die Säge von einem Sägefisch und ein Bumerang dass
hinterließ bleibenden Eindruck. 1959 machte er Abitur, anschließend
studierte er in Frankfurt Theologie. Nach Zwischenstationen in
Mönchengladbach, Vorst und Hinsbeck landete er in Lobberich, wo er 30 Jahre
für das Wohl seiner Schäfchen Sorge trug.
Doch das "weltweite Herz" blieb erhalten: Er ist Mitbegründet der Vorster
action medeor, Initiator zweier Stiftungen, lernte während einer
Indien-Reise Mutter Theresa kennen. Und er bemüht sich seit vielen Jahren um
eine Annäherung: "Schlesien ist meine Heimat geblieben. Für die Polen ist
Schlesien Heimat geworden."
Ein Gefühl wie "Rache" kenne er nicht. "Böse Menschen" gebe es schließlich
überall. Als Christ müsse und wolle er Brücken bauen und Wege der Versöhnung
finden. Denn, so Torka überzeugt: "In Europa darf es keine Grenzen geben."
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