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Gerhard Hultsch
wurde am
13.12.1911 in Brieg als Kind
einer alteingesessenen
schlesischen Familie geboren.
Nach dem Schulbesuch in seiner
Vaterstadt studierte G. Hultsch
in den Jahren 1931-1935 an den
Universitäten Gießen, Rostock,
Marburg, Berlin und Breslau
Evangelische Theologie,
Geschichte und Erdkunde. 1935
promovierte er über das Thema
„Die Nationalitäten- und
Sprachenfrage in der
Evangelischen Kirche Schlesiens
von 1742 bis zur Gegenwart“ an
der Philosophischen Fakultät der
Friedrich-Wilhelms-Universität
zu Breslau – ein Themenkomplex,
der bis heute an Aktualität
nichts verloren hat. G. Hultsch
erkannte bald nach der
Machtübernahme der
Nationalsozialisten, daß diese
neben der Ideologisierung des
Staates auch eine solche der
Kirche anstrebten.
So war es für
ihn unumgänglich, sich der
Bekennenden Kirche in Schlesien
anzuschließen. Am 25.11.1938
wurde G. Hultsch in Breslau
ordiniert, und am l.11.1939
übernahm der junge Theologe ein
Pfarramt in Nädlingen bei
Breslau, das er jedoch nur kurze
Zeit verwalten konnte, da er
seit Ausbruch des Zweiten
Weltkrieges bis 1945 in der
Luftwaffe diente. In die
Kriegszeit fiel der Abschluß
seiner theologischen
Dissertation über „Friedrich
Nietzsche und Luther“ (1940).
Nach dem Zweiten Weltkrieg war
er zunächst zwei Jahre in der
Lutherstadt Wittenberg Pfarrer
der 2. Stadtpfarrstelle und
Dozent am dortigen
Predigerseminar. 1947 siedelte
er in die westlichen
Besatzungszonen über. Hier war
er zuerst in Ulm und später in
Bingen als Gymnasiallehrer
tätig. 1971 trat er aus
Gesundheitsgründen in den
vorzeitigen Ruhestand. Heute
lebt er in Wertheim/Main. Bald
nach Gründung der Bundesrepublik
Deutschland ging G. Hultsch
daran, die verstreuten früheren
Mitglieder und Mitarbeiter des
„Vereins für Schlesische
Kirchengeschichte“ zu sammeln.
Er war wesentlich an der
Verbreitung des Schlesischen
Gottesfreundes, dessen
Hauptschriftleiter er von
1953-1967 war, beteiligt. G.
Hultsch erkannte, daß neben
aller wissenschaftlichen Arbeit
auf dem Felde der schlesischen
Kirchengeschichte die
publizistische Komponente von
ungeheurem Wert ist. So ist
seiner Initiative der Ausbau des
Verlages „Unser Weg“ und die
kulturelle Breitenarbeit der
Gemeinschaft Evangelischer
Schlesier zu verdanken. In der
Reihe „Das Evangelische
Schlesien“, die unter seiner
Herausgeberschaft steht, wurden
die schlesische
Kirchengeschichte, das
diakonische Leben in Schlesien,
die schlesische Kirchenmusik,
der evangelische Kirchenbau
dieser Provinz und die Vor- und
Nachkriegsstatistik bearbeitet.
Hultsch geht es mit dieser Reihe
um Breitenwirkung. Gerade die
jüngeren evangelischen Christen
in der Bundesrepublik sollen
anhand der Reihe sich über die
Geschichte und Kultur dieser
bedeutenden ostdeutschen
Landeskirche informieren, um
damit das hergebrachte Erbe
ihrer Väter besser versteilen zu
können.
Die wohl für die schlesische
Kirchengeschichtsforschung
wichtigste Tat war die
Wiederbegründung des 1882
erstmals erschienenen „Jahrbuch(s)
für Schlesische
Kirchengeschichte“ (damals noch
unter dem Titel „Correspondenzblatt
des Vereins für die Geschichte
der Ev. Kirche Schlesiens“), die
er zusammen mit Hellmut Eberlein
1953 gegen die Bedenken mancher
durchsetzte. Seit dieser Zeit
ist es in ununterbrochener Folge
erschienen. Seiner unermüdlichen
Arbeit für den Verein für
Schlesische Kirchengeschichte
ist es zu verdanken, daß dieser
Verein heute fast dreihundert
Mitglieder zählt. Zum Dank für
diese Arbeit wurde er 1982,
anläßlich der 100-Jahrfeier des
Vereins, zum Ehrenvorsitzenden
ernannt. Hultsch ist aber auch
in zahlreichen anderen
schlesischen Organisationen ein
viel beachtetes und geachtetes
Mitglied: Mitglied der
Historischen Kommission für
Schlesien, des Vorstandes des
Vereins für die Geschichte
Schlesiens, des erweiterten
Vorstandes der Stiftung
Kulturwerk Schlesien und der
Gustav-Freytag-Gesellschaft.
Zahlreiche Ehrungen wurden dem
Gelehrten zuteil. So wurde ihm
1965 wegen seiner Verdienste um
die Schlesische Kirche der Titel
Kirchenrat verliehen. 1969
erhielt er von der
Landsmannschaft Schlesien für
seine wissenschaftliche und
verlegerische Tätigkeit das
Schlesierschild in Gold.
Anläßlich seines 70.
Geburtstages 1981 wurde Dr. Dr.
Gerhard Hultsch eine von Pfarrer
Johannes Grünewald/Göttingen
angefertigte Bibliographie
überreicht, die mit ihren über
500 Titeln zur schlesischen
Geschichte bzw.
Kirchengeschichte die Liebe
dieses Forschers zu seiner
Heimat nur allzu gut
verdeutlicht.
Lit.:
Zur Biographie vgl. den
Lebenslauf in der Diss.
Friedrich Nietzsche und Luther,
Diss. Theol. Breslau 1940, sowie
E. Schwarz, in: Schlesischer
Gottesfreund, Jg. 22/1971, S.
3066.
Ulrich Hutter (1986)
Quelle;
"
Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen" |
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