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„Gelingt es dem Künstler,
die Andacht, die seinem
Schaffensdrang den Antrieb
gibt, vermittelst seiner
Gestaltungskraft auf den
Beschauer zu übertragen,
dann, aber auch nur dann
haben wir es mit Kunstwerk
zu tun.“
Diese Sätze aus
Wolf Röhrichts Artikel
„Vom bildhaften Aquarell
und meiner Technik“ in der
Deutschen Zeitschrift für
Maltechnik, 1944, mögen
heute manchem Modernisten
und vor allem angesichts
zeitbezogener und
engagierter Kunst wie aus
einem fernen Jahrhundert
klingen. Sie sprechen für
des Künstlers Auffassung
fern jeder
Vordergründigkeit. Er ist
als Maler und Zeichner in
seiner ganz auf das Schöne
und Wahre bedachten
Darstellungsart der noble
Ästhet geblieben, für den
Bildnis, Stilleben und vor
allem die Landschaft, die
gewachsene Natur, die von
Menschen gestaltete
Kulturlandschaft neuen
Anreiz zu einer noblen
Verdichtung und Umsetzung
in weltfestlicher,
weltfrommer, aber auch
melancholischer Anschauung
boten.
An äußeren Daten hat sein
Leben nicht viel auf
zuweisen: Die Herkunft aus
dem schlesischen Liegnitz,
das vom Elternhaus
gewünschte Jurastudium in
München und mit
Promotionsabschluß in
Berlin, daneben das
eigentliche „Leibstudium“,
die Kunst (vor allem bei
Heinrich Knirr in
München). Dieses wird in
freundschaftlichem Umgang
mit dem großen, früh
vollendeten Maler Waldemar
Rösler auf Reisen und
schließlich in Paris bei
Pierre Bonnard und Edouard
Vuillard fortgesetzt.
Westliches und Östliches,
Spätimpressionismus und
gemäßigter Expressionismus
treffen sich zu besonderer
Synthese im späteren
Schaffen und kommen dem
Lehrer an der Schule des
Vereins Berliner
Künstlerinnen (ab 1926)
zugute.
Vermittelnde, fördernde,
ausgleichende, helfende
Tätigkeit, seiner Noblesse
und seinem Temperament
entsprechend, nützen
Organisationen und vielen
Kollegen dank seiner
Mitwirkung in der Berliner
Sezession, der Münchner
Sezession, im Künstlerbund
Schlesien, nach dem Krieg
in Bayern, vor allem in
München (eine Zeitlang
auch als Nachbar des
Komponisten Richard
Strauss in
Garmisch-Partenkirchen) im
Vorstand der
Ausstellungsleitung Haus
der Kunst.
Des Malers Witwe Kit
Röhricht, selbst eine
geachtete bildende
Künstlerin, hütet und
pflegt sein Erbe in
Publikationen und
Ausstellungen. Sie hat der
Ostdeutschen Galerie
Regensburg eine bedeutsame
Stiftung gemacht, die
einen Querschnitt durch
sein Lebenswerk
dokumentiert. Zu den
zusätzlich erworbenen
Hauptwerken des Künstlers
gehört das Ölbild
„Trauerfeier für
Reichsaußenminister Dr.
Gustav Stresemann“, ein
gewichtiges und
symbolkräftiges
„Historienbild“ unseres
Jahrhunderts in einer
deutschen
Schicksalsstunde, das mit
dem feierlichen Ernst des
Staatsaktes vor dem
Deutschen Reichstag an das
Bild Adolph von Menzels
„Aufbahrung der
Märzgefallenen“ (1848/49)
gemahnt. In seinem
Lebensbericht für Fritz
Gurlitts „Graphisches
Jahr“, schrieb er 1921:
„Manchem scheint die
Stärke (die
Charakterstärke) in der
strengen Verfolgung von
Theorien zu beruhen, ich
glaube, daß das oberste
Gesetz sein muß, sein
eigenes Wesen zu erkennen
und es in seiner Arbeit
abzuspiegeln. Nur dann
wird das Werk ehrlich
sein, wenn es vielleicht
auch dem Zeitgeschmack
widerläuft.“
Er
schildert, wie er während
des Ersten Weltkrieges,
gesundheitsbedingt einen
Zivildienst ableistend,
zum ersten Male in
Oberschlesien die großen
Hüttenwerke und Hochöfen
sah. „Ich machte mich
daran, diesen Gegenstand
in Bildern und
Lithographien zu
gestalten. Seitdem bin ich
von diesem Thema nicht
mehr losgekommen – und ich
werde es wohl nie
ausschöpfen. Aber ich habe
mir vor genommen, über den
Hüttenwerken die übrige
Erscheinungswelt nicht zu
vergessen; denn es
erscheint mir ebenso
wichtig, die Natur in
einem Stilleben oder in
einer Landschaft wie in
einer heroischen
Industrieanlage zu
erfassen.“
Es gibt von Röhrichts Hand
zahlreiche Porträts, von
Bewegungsskizzen bis zu
ausgeführten Zeichnungen,
von einfühlsamen
meditativen Bildnissen, so
von dem besonders
anrührenden Bild der
Gattin aus des Künstlers
letztem Lebensjahr bis zu
offiziellen Aufträgen, vor
allem dem Bildnis des
Bundespräsidenten Theodor
Heuss aus dem Jahre 1950 –
repräsentativ und ganz
unmittelbar menschlich
zugleich –, das seit
Jahren für den Maler
Röhricht wie für
die Ostdeutsche Galerie
Regensburg, der es gehört,
am Amtssitz des
Bundespräsidenten wirbt.
Den breitesten Raum des
Schaffens aber nehmen die
Landschaften ein,
atmosphärische Skizzen,
geradezu ins Mystische
reichende Aquarelle,
stimmungsstarke Öle
kleinerer und größerer
Formate. Da gibt es, vor
allem aus der Frühzeit,
immer wieder die Einkehr
in die schlesische Heimat,
in die Ebene und
vornehmlich ins
Riesengebirgsland,
atmosphärereiche Motive
aus Berlin, Oberbayern und
München, von den
Studienreisen aus Paris
und der Provence, aus
südlichen Breiten und aus
Skandinavien.
Besonders meisterlich
gelangen Röhricht die
Alpenbilder, darunter die
Winterstimmungen. Und ein
Meister war und bleibt er
vornehmlich des Aquarells,
das er in den meisten
Fällen vor der Natur
entstehen ließ.
Lit.:
Autobiographie, in: Das
Graphische Jahr, Fritz
Gurlitt, Berlin 1921; Max
Goering: Wolf Röhricht,
in: Schlesische
Monatshefte Breslau, Juli
1931; Katalog der
Staatlichen Museen Berlin
(Ost), National-Galerie,
Gemälde des 20.
Jahrhunderts,
Akademie-Verlag, Berlin
1976 (unter als „entartet“
beschlagnahmten Gemälden);
Kostbarkeiten aus der
Ostdeutschen Galerie,
Katalog der Ausstellung im
Wissenschaftszentrum in
Bonn-Bad Godesberg, 1979;
Wolf Röhricht, Bilder und
Aquarelle, Einführung von
Ernst Schremmer (mit
Texten von Wolf Röhricht,
Walther Gerlach, Günther
Graßmann), SILESIA Folge
21, Publikationen der
Stiftung Kulturwerk
Schlesien, Delp Verlag,
München 1981.
Ernst Schremmer
Quelle;
"
Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen" |
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