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Daß aus einem Botschafter
ein Fernsehintendant werden kann, mag nur auf den ersten Blick
ungewöhnlich erscheinen. Für den Nachfolger von Prof. Dr. Karl Holzamer
auf dem Intendantensessel des Zweiten Deutschen Fernsehens schien der
Weg immerhin vorgezeichnet.
Karl-Günther von Hase
hatte zwar 1967 auf das Amt des Intendanten der Deutschen Welle
verzichtet, um als ehemaliger Leiter des Presse- und Informationsamtes
der Bundesrepublik Staatssekretär im Verteidigungsministerium zu werden,
immerhin aber war er fünf Jahre lang Vorsitzender des Rundfunkrates der
Deutschen Welle und Mitglied des Rundfunkrates des Deutschlandsfunks
gewesen. Daß er sich immer besonders für die Presse und die
Informationsarbeit der Medien interessiert hatte, begründete er später
mit dem Hinweis, „auch als Botschafter hat man ja eine
informationspolitische Tätigkeit“.
Karl-Günther von Hase
entstammt einer schlesischen Gutsbesitzerfamilie, wuchs aber in Berlin
auf, wo sein Vater als Oberst der Schutzpolizei 1934 als „politisch
unzuverlässig“ in den Ruhestand geschickt wurde. Der Sohn wurde am 15.
Dezember 1917 im niederschlesischen Wangern geboren, machte 1935 sein
Abitur in Berlin, ging 1936 als Fahnenjunker zur Deutschen Wehrmacht,
brachte es bis zum Major im Generalstab, erlebte das Kriegsende im
Truppendienst an der Front und war bis 1949 in russischer
Kriegsgefangenschaft. Danach meldete er sich bei der Diplomatenschule
Speyer, die damals noch Anwärter auch ohne Studium aufnahm. Dann folgten
von 1951 bis 1962 Tätigkeiten im Auswärtigen Amt, zunächst 1953 als
Gesandtschaftsrat in Ottawa, dann 1958 als Sprecher des Amtes in Bonn,
schließlich 1961 als Ministerialdirektor Leiter der Abteilung West II.
Am 1. Juli 1962 übernahm
Karl-Günther von Hase als Nachfolger von Staatssekretär Felix von
Eckardt, der als Bundesbevollmächtigter nach Berlin ging, die Leitung
des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung und erhielt wenig
später den Staatssekretär-Titel. Sein enges Verhältnis, das ihn von
Anfang an mit Konrad Adenauer verband, übertrug sich wohl auch noch auf
Ludwig Erhard als dessen Nachfolger im Bundeskanzleramt. Während der
Kanzlerschaft Georg Kiesingers indes wechselte von Hase als
Staatssekretär in das Verteidigungsministerium über und erreichte 1970
den Gipfel seiner bisherigen politischen und diplomatischen Laufbahn mit
der Berufung zum Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in
Großbritannien. Von dort kehrte er zurück, als er ohne eigenes Zutun
überraschend, wenn auch erst nach mehreren schwierigen Wahlgängen, zum
Intendanten des Zweiten Deutschen Fernsehens berufen wurde. Das Amt des
Intendanten hatte er vom 15. März 1977 an fünf Jahre hindurch inne.
Eigentlich hätte er von
London als NATO-Botschafter nach Brüssel gehen sollen, aber er entschied
sich für Mainz und damit für einen nicht alltäglichen Abschluß seiner
diplomatischen Karriere. Als er das ZDF 1982 wieder verließ, sah er
rückblickend den Reiz seiner damaligen Aufgabe, „aus der geschützten
Atmosphäre des Beamten herauszukommen, obwohl die Intendantenjahre
gekennzeichnet waren durch eine sich verschärfende medienpolitische
Auseinandersetzung, in der ein Konsens dringend notwendig wird“.
Karl-Günther von Hase hat diese entscheidenden Jahre an der schon damals
unruhigen medienpolitischen Front mit diplomatischem Geschick und
vitalem Optimismus durchgestanden. Während des Krieges war der
Ritterkreuzträger Karl-Günther von Hase auch von den Ereignissen um den
20. Juli 1944 berührt. Er mußte aus dem Generalstab ausscheiden, nachdem
sein Onkel, Generalleutnant Paul von Hase, als Stadtkommandant von
Berlin zu den Verschwörern gegen Hitler gehört hatte und am 8. August
1944 in Berlin hingerichtet worden war. Zur Familie von Hases gehörte
auch der am 9. April 1945 im KZ Flossenbrück hingerichtete evangelische
Theologe Dietrich Bonhoeffer. Er war sein Vetter. Noch 1945 hatte
Karl-Günther von Hase die Ehe mit Renate Stumpff, der Tochter des
Luftwaffen-Generalobersten Hans-Jürgen Stumpff, geschlossen.
Aus seiner Zeit als
Bundespressechef wie als Botschafter gibt es viele Bonmots, die häufig
die Schlagzeilen für Zeitungen des In-und Auslandes abgaben. Sein wohl
berühmtester Ausspruch war: „Bei jeder Konferenz ist das Kommuniqué
meistens das letzte Wort, aber nie der letzte Schrei.“ Im Jahre 1967
erhielt er in Aachen den Karnevalsorden „Wider den tierischen Ernst“,
1982 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband.
Heinz Rudolf Pritsche |
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