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“Mir erschien nun
– trotz aller
Inflationsschwierigkeiten
– die eigene Verlagstätigkeit aussichtsreich, und so gründete ich
in jugendlichem Leichtsinn im Frühjahr 1922 den Wilhelm Goldmann Verlag
in Leipzig.” So steht es in den Erinnerungen, die
Wilhelm Goldmann
anlässlich des 40jährigen Bestehens seines Verlages niederschrieb.
Der zu den erfolgreichsten
deutschen Verlegern gehörende Goldmann wurde als Sohn eines
Dorfschullehrers und Kantors geboren. Nach dem Abitur am Gymnasium in
Brieg begann er daselbst eine Lehre in der Buchhandlung Hugo Süßmann.
Danach arbeitete er als Gehilfe in der Hofbuchhandlung H. Burdach in
Dresden, anschließend als Privatsekretär von Hofrat Keller in der
Franckh’schen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart. Auf dessen Vorschlag hin
besuchte er 1920 als Verlagsvertreter die
wichtigsten Buchhandlungen in
Breslau, Dresden, Görlitz, Liegnitz, Linz, Prag und Salzburg.
Aufgrund der guten Verkaufsergebnisse erhielt er von der Franckh’schen
Verlagsbuchhandlung die Reisevertretung für ganz Deutschland.
Als sich Goldmann für die
verlegerische Tätigkeit entschied, war ihm bewußt, daß in diesem Beruf
nur erfolgreich sein könne, wer enge Beziehungen zu den Buchhändlern,
den Kunden der Verleger, unterhalte. Wohl deshalb übernahm er im
Frühjahr 1921 auch noch die Auslandsvertretung von mehr als 20 Verlagen,
unter anderem von Kiepenheuer, Rowohlt, Seemann, Staackmann und Thieme.
Die beiden ersten
Publikationen des am 21. Juni 1922 ins Handelsregister eingetragenen
Goldmann-Verlages waren die Bildbände Kultbauten des Islam und
Javanische Schattenspiele. Ihr Autor war der am Folkwang-Museum in
Hagen tätige Otto Höver. Daß Goldmann von der Wandervogelbewegung
beeinflußt war, lassen die beiden nächsten Veröffentlichungen erkennen,
Holzschnittmappen über die Wartburg von Franz Hain und über Rotenburg o.
d. T. von Kurt Preusse. Zugleich kommt in der ausschließlichen
Hinwendung zu kunstgeschichtlichen Themen der ursprüngliche Wunsch des
Verlegers zum Ausdruck, Kunstmaler zu werden.
Um die Existenz des Verlages
nicht aufs Spiel zu setzen, nahm Goldmann nun Abenteuerbücher in sein
Verlagsprogramm auf, nämlich die Droonberg-Romane Das Gold der
Nebelberge (1924), Die Goldwäscher am Klondike (1925) und
Die Trapper am Swift Creek (1925). Der eigentliche Aufstieg des
Verlages begann aber Ende 1925 mit den Büchern von Edgar Wallace
(1875-1932), dem sich der Verleger freundschaftlich verbunden fühlte.
Waren es anfangs noch die von Richard Küas übersetzten Afrika-Bücher des
englischen Schriftstellers, die Titel 15 Jahre bei den Kannibalen in
Zentralafrika (in den Neuauflagen mit Sanders vom Strom
betitelt) und Bosambo von Monrovia, so folgten bald dessen
Kriminalromane Die Bande des Schreckens und Der rote Kreis.
Mit dem Wallace-Roman Der
Hexer (1927) setzte sich der Erfolgskurs des Goldmann-Verlages fort.
Max Reinhardt erwarb für die noch im selben Jahr erschienene
Dramenfassung die Aufführungsrechte und brachte das Stück im Deutschen
Theater in Berlin auf die Bühne. 1932, als der Goldmann-Verlag zehn
Jahre existierte, stand auf dem Prospekt, der dem Börsenblatt für den
Deutschen Buchhandel beigeheftet war: “Zehn Jahre ununterbrochener
Aufstieg in schwerster Wirtschaftszeit. Ein Erfolg reihte sich an den
anderen und auch das vergangene Jahr, vielleicht das schlimmste der
Krisenzeit, war für uns doch ein Jahr großen Erfolges. Heute kennt jeder
Goldmann-Bücher und in der ganzen Welt, wo es deutsche Bücher gibt,
findet man Goldmann-Bücher.”
Am 4. Dezember 1943 wurde
das Verlagshaus am Leipziger Roßplatz durch Bomben völlig zerstört. 1944
wurde der Verleger zum Wehrdienst einberufen. Nach Kriegsende
internierte ihn die russische Besatzungsmacht aufgrund einer
Denunziation. Während seiner vierjährigen Haftzeit unter anderem im
ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar beschäftigte sich
Goldmann mit verlegerischen Zukunftsplänen. Nachdem er im Februar 1950
aus der Haft entlassen worden war, wagte er in München einen Neubeginn.
Schon im Sommer 1952 erschienen die ersten Taschenbücher, mit denen er
als dritter Verleger nach Kriegsende in den neuen Taschenbuchmarkt
einzusteigen begann.
1970 konnte Goldmann stolz
feststellen: “In den Goldmann Taschenbüchern sind bisher erschienen:
Gelbe = 1.373 Titel, Weltraum = 112 Titel, Abenteuer = 32 Titel, Krimi =
1.148 Titel, zusammen 2.665 Titel. Die größte deutsche Taschenbuchreihe,
Gesamtauflage über 100 Millionen.” In den Taschenbuchreihen erschienen
bis 1974 über 4.000 Titel. Es sind vor allem Sachbücher aus den
Bereichen Jura, Medizin, Psychologie, Pädagogik, Geschichte und
Zeitgeschehen, auch praktische Ratgeber und Taschenkrimis. Zu den nicht
zu leugnenden verlegerischen Leistungen gehört es, daß Goldmann als
erster Gesetzestexte und Klassiker in Taschenbuchform veröffentlichte.
Neben den Taschenbuchreihen umfaßt das Programm auch Atlanten,
Kunstbücher, heitere Romane, Monographien und die Gesamtwerke von
Maupassant und Balzac. Im Herbst 1970 begann Goldmann mit dem Aufbau der
Reihe “Das Wissenschaftliche Taschenbuch”.
Goldmann war eine
Persönlichkeit, die durch unternehmerischen Weitblick und
außergewöhnliche Tatkraft aus kleinsten Anfängen einen der größten
Verlage im deutschsprachigen Raum geschaffen hat. Diese verlegerische
Leistung wurde mit der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland am 3. Juli 1973
anerkannt.
Lit.: Wilhelm Goldmann Verlag 1922-1962, München 1962. – Münchner
Mitteilungen 1954-1960, danach Goldmanns Mitteilungen für den Buchhandel
1961-1974.
Bild: Archiv des
Goldmann-Verlages.
Waldemar Zylla |
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