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Alfred Gellhorn
studierte von 1903 bis 1908 in
Breslau, München,
Berlin und Stuttgart, wo er später (1923) mit einer Arbeit über die
Friedhofsanlagen Schlesiens den akademischen Grad eines Dr. ing. erwarb.
Nach dem Abschluß seiner Studien war er als Regierungsbaumeister tätig.
In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Leutnant der
Reserve teilnahm, arbeitete er als freiberuflicher Architekt vorwiegend
in Berlin. Er baute Geschäfts-, Büro-, Land- und Wohnhäuser, u.a. das
Scala-Kasino (1920), die Tanzschule Trümpy (1927), ein Wohnhaus in
Berlin-Zehlendorf und eine Kleinstwohnungsgruppe in Berlin-Lichtenrade.
In Arbeitsgemeinschaft mit dem Architekten Martin Knauthe in Halle
erarbeitete er in die Zukunft weisende Entwürfe für moderne Zweckbauten,
wie das Bürohaus Sernau in Halle (1921/22) und die später nur teilweise
verwirklichten Pläne für eine Silberhütte der Mansfeld AG im Südharz.
Im
Jahre 1924 nahm er an der Berliner Kunstausstellung mit den Arbeiten
„Prototyp einer Tankstelle“ und „Haus im Viertelkreis“ teil. Er gehörte
der Künstlergemeinschaft „Novembergruppe“ an und war Mitglied des
Deutschen Werkbundes, des Bundes Deutscher Architekten und des
Reichswirtschaftsverbandes Bildender Künstler Deutschlands. Diese
erfolgreiche Tätigkeit wurde durch den Machtantritt der
Nationalsozialisten jäh unterbrochen: aufgrund seiner jüdischen Herkunft
sah sich Gellhorn zum Verlassen Deutschlands gezwungen. Er emigrierte im
Sommer 1933 nach Spanien, wo er in Palma (Mallorca) und Barcelona lebte.
Von 1935 bis 1939 war er in Bogota beratender Architekt der
kolumbianischen Regierung. Während des Zweiten Weltkriegs lebte er in
verschiedenen südamerikanischen Ländern. 1954 kehrte er für einige Jahre
nach Berlin zurück, dann ließ er sich in Wiesbaden nieder. Alfred
Gellhorn war zweimal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe stammt der
Dirigent und Pianist Peter Gellhorn (geboren 1912 in Breslau).
Werke:
Die Friedhofsanlagen Schlesiens unter besonderer Berücksichtigung ihrer
Situierung und Gestaltung. Straßburg 1918; Sehnen. Gedichte. Berlin
1922; Städtebau durch gemeinnützige Wohnungsunternehmen und Heimstätten.
Hamburg 1959.
Lit.:
Helga Kliemann: Die Novembergruppe. Berlin 1969; Tendenzen der Zwanziger
Jahre. (Ausstellungskatalog.) Berlin 1977, passim; Josef Münzberg,
Gerhard Richter, Peter Findeisen. Architekturführer DDR. Bezirk Halle.
Berlin (Ost) 1977, S. 44; International Biographical Dictionaiyof
Central European Emigres 1933-1945:11/1. München, New York, London,
Paris 1983, S. 365.
Harro Kiese |
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