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Viel haben macht nicht reich.  Der ist ein reicher Mann, der alles was er hat, ohne Leid verlieren kann.

         Bedeutende Schlesier

Wer immer fröhlich ist auf Erden wird 99 Jahre werden und wer durchs Leben geht mit Schwung der ist mit 100 Jahr'n noch jung.

      

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Kunik Ernst-Eduard    

* 14.10.1814 in Gränowitz, Kr. Liegnitz

† 30.01.1899 in St. Petersburg

Historiker.

   
 

Ernst-Eduard Kunik oder, wie er sich später in Rußland nannte, Arist Aristovič Kunik wurde als Sohn eines protestantischen vermögenden Gutsbesitzers geboren. Bis zu seiner Reifeprüfung im Jahre 1835 besuchte er das Liegnitzer Gymnasium. Er studierte zunächst in Breslau und ab 1836 in Berlin Jura und Cameralia.

Jedoch lagen seine Interessen eher auf dem Gebiet der Geschichte. Entscheidend für seinen späteren Werdegang war daher auch die Beschäftigung mit der schlesischen Landesgeschichte unter Anleitung des Breslauer Professors Gustaf Adolf Harald Stenzel; dieses Interesse führte Kunik zur polnischen und zur russischen Geschichte, später auch zur byzantinischen und skandinavischen.

Die Umstände, die den jungen Kunik 1838 nach Moskau führten, sind unklar. Zunächst mag sein Interesse für die Geschichte der Slaven dafür maßgeblich gewesen sein. Jedoch gibt es auch Hinweise darauf, daß er in Verbindung zur Hegelschen Linken stand und die Berliner Universität vor seinem Abschluß verlassen mußte, um der Verfolgung im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen eine Burschenschaft zu entgehen. In Moskau fand er in dem namhaften russischen Historiker Michail Petrovič Pogodin einen Förderer, der den jungen Gelehrten mit dem Volksbildungsminister Uvarov bekannt machte. In der Hoffnung, als wissenschaftlicher Vermittler in Deutschland ein stärkeres Interesse an Rußland wecken zu können, was sicher auch dem Ansinnen seiner russischen Förderer entsprach, kehrte Kunik 1841 nach Berlin zurück. Diesem Unternehmen war jedoch aufgrund der Polenbegeisterung breiter liberaler Kreise kein Erfolg beschieden. 1842 ging der junge Historiker nach Rußland zurück und ließ sich in St. Petersburg nieder, wo er bis zu seinem Tode blieb.

In Rußland verlief Kuniks akademische Laufbahn nicht ganz gradlinig. Im Jahre 1844/45 erschien sein bedeutendstes Werk Die Berufung der schwedischen Rhodsen durch die Finnen und Slaven, in dem er unter anderem mit Hilfe sprachwissenschaftlicher Methoden versuchte nachzuweisen, daß schwedische Normannen für die Herausbildung des ersten russischen Staatswesens maßgeblich waren. Die sogenannte normannische Frage stellte in der Folge das Hauptarbeitsgebiet des Forschers dar. Seine genaue Kenntnis der für das Normannen-Problem relevanten byzantinischen, arabischen und lateinischen Quellen ließ ihn zu differenzierten Urteilen kommen, die die weitere Forschung entscheidend beeinflußten. 1844 erhielt Kunik eine Anstellung als Kurator am numismatischen Museum der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und wurde im selben Jahr zum Akademiker-Adjunkt gewählt. 1850 wurde er außerordentliches Mitglied der Akademie. Damit war seine Laufbahn formell abgeschlossen. Die ordentliche Mitgliedschaft blieb ihm lange vorenthalten, und als man sie ihm schließlich antrug, lehnte er sie ab. Des weiteren war Kunik als Konservator, ab 1886 als Oberkonservator an der Eremitage tätig und zeichnete ab 1851 in der Archäographischen Kommission der Akademie der Wissenschaften für die Edition der ausländischen Urkunden verantwortlich. Als Deutscher an der Akademie der Wissenschaften stellte Kunik keinen Einzelfall dar. Sein Tod an der Jahrhundertwende markierte vielmehr das Ende einer im 18. Jahrhundert mit Gelehrten wie Bayer, Müller und Schlözer begonnenen Traditionslinie deutscher Historiker an dieser Institution.

Trotz seiner vielfältigen wissenschaftlichen Aktivität wirkte Kunik zu keiner Zeit als akademischer Lehrer. Neben seinem wichtigsten Arbeitsfeld, der ältesten russischen Geschichte, lagen seine Interessen auf den Gebieten der byzantinischen und der baltischen Geschichte sowie der russischen Münzgeschichte. Die Arbeitsweise des Historikers zeichnete sich durch wissenschaftliche Detailgenauigkeit und methodische Sicherheit aus. Die Dienstbarmachung sprachwissenschaftlicher Methoden zur Lösung von Problemen der ältesten russischen Geschichte war seinerzeit neu und originell. Jedoch konnte Kunik trotz zahlreicher Veröffentlichungen nie an den wissenschaftlichen Erfolg seines 1844/45 veröffentlichten Hauptwerks anschließen; seine folgenden Arbeiten zur sogenannten Normannenfrage wie auch zu anderen Themen bilden ein Bündel gelehrter Einzeluntersuchungen zu Detailproblemen. Eine bündige Darstellung, die die Normannenfrage für ein breiteres wissenschaftliches Publikum populär machte, ist daher auch nicht Kunik, sondern dem dänischen Linguisten Wilhelm Thomsen (Der Ursprung des russischen Staates, Gotha 1879) gelungen. Es mag an der wissenschaftlichen Akribie Kuniks gelegen haben, die ihn davon abhielt, seine vielseitigen Forschungen in einem geschlossenen, umfänglicheren Werk zusammenzufassen, daß die Leistungen des Historikers auf dem Gebiet der altrussischen Geschichte bis heute nicht angemessen gewürdigt wurden.

Lit.: Diels, Paul: Ernst Eduard Kunik, in: Schlesische Lebensbilder, hrsg. v. d. Historischen Kommission für Schlesien, Bd. 2, 2. Aufl., Sigmaringen 1985, S. 271-278 (1. Aufl., Breslau 1926). – Lappo-Danilevskij, A. S.: Arist Aristovič Kunik. Očerk ego žizni i trudov, in: Izvestija Imperatorskoj Akademii Nauk, [Bulletin de l’Académie Impériale des Sciences de St.-Petersbourg], No. 18, 15. Dez., Petrograd 1914. – Materialy dlja biografičeskago slovarja dejstvitel’nych členov Imperatorskoj Akademii Nauk, Čast’ pervaja, Petrograd 1915, S. 364-374. – Sitzungsberichte der Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde zu Riga aus dem Jahre 1914, Riga 1914-1921, S. 80-83.

                                                                                                                                          Sandra Dahlke

 
 

Quelle; " Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen"