Oberschlesische Fayencen
   
  „Friedrich der Große entdeckte während einer schlesischen Reise bei Ströbel am Zobten eine weiße
Erde, die damals in Breslau als weißer Stubensand gebraucht wurde. Eine Mischung mit der bisher
in der Berliner Porzellanmanufaktur verwendeten Passauer-Erde ergab ein bedeutend schöneres
Porzellan" (Dr. Krämer). Da Schlesien „sämtliche Rohmaterialien" für die Steingutindustrie im eigenen Land hat und dazu reiches Brennmaterial, regte der König durch Privilegien den Bau von
Fayence-Fabriken an. (Die Fayence ist ein Halbporzellan; der Name ist die französische Aussprache
des italienischen Faenza, einer Hauptwerkstatt dieser Erzeugung im Mittelalter.) 1763 gründete den Anregungen des Königs folgend Graf Leopold von Proskau in dem Dorfe Proskau bei Oppeln
eine Fayence-Manufaktur; sie wurde mit Hilfe von Arbeitern aus der ungarischen Majolika (= Fayence)Geschirrfabrik in Höllisch und der Hannongschen Fayencefabrik in Straßburg in Betrieb
genommen. Sie bestand unter verschiedenen Besitzern der Herrschaft Proskau  eine Zeitlang war
Besitzer der preußische König - bis 1853 oder 1855. Die Blütezeit erfuhr sie 1770-1783 unter dem
Besitzer Graf Johann Carl von Dietrichstein. Ihr bester Modelleur hieß Wentzel Sauer, er heiratete
in Oppeln, sein Todestag ist der 26. November 1787.
Tillowitz war „die jüngste der zu einiger Bedeutung gelangten oberschlesischen Fayence- und Steingutfabriken" (Hintze). Sie wurde „1800 oder kurz darauf", wohl mit Unterstützung des Grafen
Praschma, dem Grundherrn des Ortes, von Johann Degotschon, der vorher in Proskau tätig gewesen war, gegründet. 1842 ging sie in den Besitz des Grafen Ernst von Frankenberg-Ludwigsdorf
über; seit 1858 erzeugte sie auch Porzellan. Diese Fabrikation wurde 1906 eingestellt. Aber die in
Tillowitz von dem Gründer Schlegelmilch gegründete Porzellanfabrik blühte zumindest bis in die
dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts.
Im 18. Jahrhundert entstanden in Oberschlesien noch drei weitere Fayence-Manufakturen: im Anschluß an die 1752 in dem Dorf Zborowsky bei Lublinitz angelegte Tabakspfeifenfabrik (Tonpfeifen nach holländischer Art) wurde in Glinitz 1754 eine Fayence-Fabrik angelegt, die 1767 in den Besitz der Grafen Gaschin überging. Sie verfertigte Steingut bis 1870. - In Wiersbie (nahe Glinitz) und in Ratibor entstanden ebenfalls solche Fabriken. Das RatiborerUnternehmen hatte 1794 ein Engländer gegründet. Es bestand bis 1828.

(Nach: Dr. P. Krämer, Die schles. Steingut- und Porzellanindustrie, in: Schlesien, Kultur und Arbeit einer deut-
schen Grenzmark, Berlin 1926, und Erwin Hintze, Oberschlesische Fayence- und Steingutfabriken, in: Oberschlesien, ein Land deutscher Kultur, Gleiwitz 1921.)

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